Masterarbeit Energiekonzepte für ein Unternehmen

  • Hallo ihr lieben Mitglieder,


    ich schreibe aktuell meine Masterarbeit, in der ich verschieden Energiekonzepte für eine Unternehmen simulieren soll. Ich habe die Verbrauchsdaten für Strom, Kälte und Wärme für das Jahr 2016. Die Energieerzeugungsanlagen und die Verbrauchsdaten sind in einem Programm simuliert (energyPRO). Im ersten Konzept habe ich eine 2MWk Photovoltaikanlage simuliert. Nun bin ich dabei ein zweites Konzept zu entwickeln


    - Das Unternehmen hat bereits ein 1MW BHKW
    - Das BHKW läuft 5837 Stunden im Jahr
    - jährliche Wärmeerzeugung: 3000 MWh
    - den Rest erzeugt ein Kessel
    - jährliche Stromproduktion: 2105 MWh
    - Gesamt Jahreswärmebedarf: 3750 MWh
    - Gesam Jahresstrombedarf: 10000MWh
    - Gesamt Jahreskältebedarf: 750MWh
    - Die Kälte produziert eine Kompressor Kälteanlage


    In den Sommermonaten geht das BHKW an den einzelnen Tagen 3 bis 5 Mal um den Warmwasserspeicher zu füllen und wird dann wieder ausgeschaltet. Ich habe mir überlegt im zweiten Konzept eine Absorptionskälteanlage zu nutzen, in dem ich das BHKW länger laufen lasse um die Wärme für die Absortpionskälteanlage zu nutzen. Bei der Konzept Entwicklung darf ich alles nutzten was Stand-der-Technik ist.


    Ich weiß gerad wie ich das angehen soll?
    Welche Dimensionierung des Systems ist sinnvoll?
    Macht eine Kältespeicher sinn und wie groß müsste dieser sein?


    Für Tipps wäre ich super Dankbar. Stehe mit meinem Kopf vor einer dicken Wand.


    Beste Grüße
    Student88

  • Moin,


    ich bin kein Spezialist für Kältetechnik, aber nachdem sich sonst keiner gemeldet hat, hier vielleicht ein paar Denkansätze.


    Du hast doch schon eine sehr gute Datenlage. Nimmt man die Betriebsweise im Sommerquartal (um das es ja im Wesentlichen geht), so lässt sich aus den Diagrammen folgendes herauslesen:


    Der Kältebedarf (750 MWh/Jahr) besteht - wen wundert's - im Wesentlichen in den fünf Sommermonaten. Aus dem Diagramm sieht man, dass in dieser Zeit der Kältebedarf zwischen 0 und 0,6 MW schwankt, aber sehr häufig zwischen 0,1 und 0,3 MW liegt. Verteilt man die 750 MWh Kältebedarf auf 150 Tage, so ergibt sich als grobe Schätzung eine durchschnittliche Kälteleistung um 0,2 MW. Der Kälte-Wirkungsgrad (Zeta) hängt vom gewünschten Temperaturniveau ab: Bei 0°C Verdampfungstemperatur liegt Zeta lt. Wikipedia bei ca. 0,65. Das würde dann einem durchschnittlichen (zusätzlichen) Wärmebedarf von ca. 0,3 MW aus dem BHKW entsprechen. Soweit zur "Bedarfs"-Seite des Problems.


    Zur "Angebots"-Seite: Aus der "Dauerkurve Wärme" geht hervor, dass das BHKW bei Volllast eine thermische Leistung von ca. 0,55 MW(th) hat. Laut Diagramm "Woche Lastgang" läuft es im Sommer mit einer elektrischen Leistung von 0,38 MW(el), also wohl annähernd Volllast. (Wie das mit Deiner Angabe "BHKW von 1 MW" zusammenstimmt ist mir nicht klar: Hast Du hier thermische und elektrische Leistung zusammengerechnet?).


    Jedenfalls ist das BHKW offenbar gut an den Wärmebedarf des Betriebs angepasst. Die Stromerzeugung liegt dabei (selbst nachts am Wochenende) weit unter dem Eigenbedarf (min. 0,7 MW), also kannst Du Dir Überlegungen über eine optimale Betriebsführung des BHKW bei geringerem Stromverbrauch (Kompressor!) vermutlich sparen. Damit kann man eine einfache Grenzbetrachtung zum Wärme-Angebot anstellen und mit den o.g. Werten zum Kältebedarf abgleichen.


    Entsprechend dem Diagramm "BHKW ein Tag" werden offenbar auch im Sommer etwa (7,1*0,55=) 3,9 MWh Wärme pro Tag für andere Zwecke benötigt. Wenn das BHKW durchläuft, stehen also ca. (24*0,55-3,9=) 9,3 MWh Wärme pro Tag bzw. 0,39 MWh pro Stunde für die Kälteeerzeugung zur Verfügung. Mit Zeta = 0,65 würde man damit auf eine verfügbare Kälteleistung um 0,25 MW kommen, was in derselben Größenordnung liegt wie der durchschnittliche Bedarf an Kälteleistung.

    Welche Dimensionierung des Systems ist sinnvoll?

    Auf Basis der von Dir genannten Werte kann man m.E. die Kältemaschine technisch so auslegen, dass im Sommer die vom BHKW erzeugte Wärme komplett abgenommen wird, bei Zeta = 0,65 also mit etwa den genannten 0,25 MW Kälteleistung. Es ist aber natürlich möglich, dass bei Berücksichtigung wirtschaftlicher Faktoren eine kleinere Dimensionierung herauskommt (ob sich so etwas überhaupt rechnet, vermag ich nicht zu beurteilen).

    Macht eine Kältespeicher sinn und wie groß müsste dieser sein?

    Jedenfalls nicht um den Kompressor zu ersetzen. Ich halte einen Kältespeicher für sinnvoll, der z.B. tägliche Schwankungen beim Kältebedarf ausgleichen kann. Aber um größere und vor allem längere Kältebedarfsspitzen wie Anfang Juni oder 2.Julihälfte (Diagramm) vollständig abzudecken, müsste ein Speicher womöglich einige 30 MWh "Kälte" aufnehmen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich das rechnet. Du könntest mit den Zahlen, die dem Diagramm "Kältebedarf" zugrunde liegen, sowie einer angenommenen laufenden Kälteleistung von beispielsweise 0,2 oder 0,25 MW für verschiedene Speichergrößen Simulationsrechnungen machen, vielleicht ergibt sich dann ein schärferes Bild.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Hallo Sailor773,


    erstmal danke für deine Antwort, hat mir schon stark geholfen.


    Wie das mit Deiner Angabe "BHKW von 1 MW" zusammenstimmt ist mir nicht klar: Hast Du hier thermische und elektrische Leistung zusammengerechnet?

    ja ich habe thermische und elektrische Leistung zusammengerechnet.


    Du könntest mit den Zahlen, die dem Diagramm "Kältebedarf" zugrunde liegen, sowie einer angenommenen laufenden Kälteleistung von beispielsweise 0,2 oder 0,25 MW für verschiedene Speichergrößen Simulationsrechnungen machen, vielleicht ergibt sich dann ein schärferes Bild.

    Wie mache ich so eine Simulationsrechnung.



    In dem Programm, in dem das Unternehmen simuliert ist, ist ein Erdgaspreis von 39€ je MW angegeben. Ich habe keine Ahnung was der Wärmegestehungspreis für die erzeugte Wärme von BHKW ist. Gibt es dafür einen Richtwert. Bei 1 MW Leistung erzeugt das BHKW eine Wärmeleistung von 0,546 MW.
    Bei dem Stromgestehungspreis von Photovoltaikanlagen werden ja auch die Investitionskosten mit verrechnet, das müsste dann beim BHKW auch mit der Wärme so sein.
    Mir geht es darum, den Kältegestehungspreis der AKM zu berechnen.

  • Wie mache ich so eine Simulationsrechnung.

    Du hast doch das Diagramm "Kältebedarf" aus einer Tabelle mit Kältebedarfsdaten erstellt. Jetzt legst Du eine bestimmte Leistung Deiner hypothetischen Kälteanlage fest (z.B. 0,25 MW). Dann bekommst Du aus Deiner Tabelle für jede Stunde zwischen April und Oktober die Über- bzw. Unterdeckung des Kältebedarfs in kWh. Überdeckung bedeutet Drosselung der Kältemaschine, weniger Wärmeabnahme und daher Drosselung des BHKW. Unterdeckung bedeutet, dass der Kompressor mitlaufen muss. Beides verursacht Kosten für zusätzlichen Bezugsstrom, die sich für jede MWh Über- bzw. Unterdeckung genau ermitteln lassen.


    Jetzt kannst Du für verschiedene Speichergrößen ausprobieren, inwieweit am Beispiel des Jahres 2016 Über- und Unterdeckungen bei einer bestimmten Speichergröße vermieden worden wären. Das ist das Einsparpotential des betreffenden Speichers. Dieses ist dann den Kosten für den jeweiligen Speicher (AfA, ggf. Zinsen und Speicherverluste) gegenüberzustellen.


    Die optimale Speichergröße ist dann der Punkt, an dem die zusätzliche Stromeinsparung durch eine weitere Speichervergrößerung gleich den Zusatzkosten (AfA, ggf. Zinsen sowie Speicherverluste) für den Betrieb des größeren Speichers ist.


    Ich würde dann das Ganze noch für eine oder zwei weitere Kälteleistungen (z.B. 0,2 und 0,3 MW) durchspielen, vielleicht ergeben sich da noch weitere Erkenntnisse.

    Ich habe keine Ahnung was der Wärmegestehungspreis für die erzeugte Wärme von BHKW ist.

    Über die richtige Preisfindung bzw. Kostenzuordnung bei Kuppelprodukten (hier Strom & Wärme) sind schon ganze Bibliotheken geschrieben worden. Grundlage sind die Vollkosten (in Deinem Fall evtl. auch die Grenzkosten) des BHKW pro Betriebsstunde, aber wie man die aufteilt ist am Ende des Tages willkürlich. Ein naturwissenschaftlich interessanter Ansatz wäre Gunnar Kaestle's Exergie-Methode (siehe Suchfunktion in diesem Forum). Ein anderer Ansatz wäre das Verhältnis entsprechend den Marktpreisen von Strom und Wärme festzulegen, oder entsprechend den (Voll-) Kosten, die bei einer jeweils separaten Erzeugung entstehen würden. Aber dazu solltest Du Dich selbst schlau machen, schließlich ist das hier Deine Masterarbeit.

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)