Findungsphase

  • Hallo zusammen.
    Ich bin derzeit in der Findungsphase der Ausstattung meines neuen Hauses.
    Im Frühjahr '18 beziehe ich ein Einfamilienhaus, Bj 1967, 220qm Wohnfläche. Wir werden dort mit 5 Personen wohnen. Unser Stromverbrauch derzeit liegt bei etwa 6500 kWh. Da ich bis dahin auch (mindestens) ein Elektrofahrzeug haben werde, steht schon mal fest, dass auch eine PV-Anlage auf's Dach kommt : ca. 10KWp mit Speicher, Südausrichtung
    .
    Die Heizung in dem Haus ist eine Gasheizung von Anno Knack, also über 25 Jahre alt und steht somit auch zum Austausch an.
    Jetzt schwebt mir hierfür ein BHKW vor, da ich nach meiner Vorstellung dann ganzjährig anähernd ohne externen Strom auskäme und aufgrund der Fördergelder sicher noch einiges einsparen könnte.


    Da ich aber insgesamt nur über gesundes Halbwissen verfüge, bitte ich um Einschätzungen von Fachleuten.


    Ach ja: Bisheriger Wärmeenergieverbrauch des Hauses bei 2 Bewohnern liegt bei etwa 27500kWh.


    Ich freue mich auf viele Tips und Anregungen


    Stefan



    Jährlicher Stromverbrauch: ca 8500 kWh
    Jährlicher Brennstoffverbrauch: ca 27500kWh



    Derzeitige Heizung
    Energieträger der Heizung: Gas
    Alter und Typ der der Heiztechnik: 30 Jahre
    Ist bereits eine Solarthermie vorhanden: nein
    Vorhandener Heizungspufferspeicher und Größe: unbekannt
    Art der Warmwasserbereitung und Vorratsvolumen: unbekannt
    Gibt es ein besonderes Strom-/Wärmeverbrauchsverhalten: nein
    Hydraulischer Abgleich durchgeführt: nein
    Temperaturen der Heizkreise: unbekannt
    Art der Heizkörper: noch offen



    Immobilie und Rahmendaten
    Beheizte Fläche, Anzahl Bewohner: 220m² 5 Bewohner eventuell noch zusätzlich beheizte Kellerräume
    Art und Baujahr der Immobilie: EFH Baujahr 1967
    Erfolgte Modernisierungen: -
    Weitere geplante Modernisierungen: -
    Zweiter Abgasstrang für BHKW frei: unbekannt
    Erdgasanschluss vorhanden oder möglich: vorhanden
    Zusammenschluss von Nachbarhäusern möglich: nein

  • Moin Stefan,

    Jetzt schwebt mir hierfür ein BHKW vor, da ich nach meiner Vorstellung dann ganzjährig anähernd ohne externen Strom auskäme

    zunächst muss ich Dir ein gewisses Maß an Illusion rauben: "Ganzjährig annähernd ohne externen Strom" wirst Du auch mit der (an sich idealen) Kombination PV+BHKW nicht auskommen. Aber der Reihe nach:

    Jährlicher Brennstoffverbrauch: ca 27500kWh

    Wenn das tatsächlich der jährliche Brennstoffverbrauch einer 25 Jahre alten Gastherme ist (wahrscheinlich noch kein Brennwertgerät) entspricht das bei einem Wirkungsgrad von vielleicht 80-85% (Hs) einem Wärmebedarf des Anwesens von äußerstenfalls 22-23.000 kWh. Bei 220 m2 beheizter Fläche sind das ca. 100 kWh/m2 einschließlich Warmwasser, und das wäre für ein 1967 gebautes EFH Spitzenklasse. Jetzt kann es natürlich sein, dass die Vorbesitzer im Winterhalbjahr immer dicke Pullover getragen und nur einen Raum beheizt haben. Außerdem wird Euer Warmwasserbedarf mit fünf Personen jedenfalls höher liegen als vorher mit zwei Personen - wenn drei davon im Teenager-Alter sind (oder noch hineinkommen) erfahrungsgemäß sogar wesentlich höher. Andererseits könnt Ihr durch den hydraulischen Abgleich (der für jedes BHKW Förderbedingung ist) evtl. noch ein paar Kilowattstunden sparen. Wenn Du ganz sicher gehen willst und die alte Heizung so aussieht als ob sie noch einen Winter durchhält, könntet Ihr erstmal einziehen, ruhig schon mal einen hydraulischen Abgleich machen und ein Jahr lang beobachten, wie sich der Wärmebedarf bei Euch entwickelt.


    Insgesamt sieht es aber eher so aus, als ob der auch zukünftig deutlich unter 30.000 kWh liegen wird. Und das bedeutet, dass ein Stirling-Gerät mit 1 kW (el) und 6 kW (th), wie es z.B. von Senertec angeboten wird, für Euch vermutlich schon zu groß ist um vernünftige Laufzeiten zu erreichen. Dann kommt nur eine Brennstoffzelle in Frage, z.B. die Vitovalor von Viessmann oder die InnoGen von Senertec. Beide Geräte haben eine elektrische Leistung von maximal 750 W und eine thermische Leistung von 1 kW, können ihre Leistung auf ca. 50% heruntermodulieren (das ist im Sommer wichtig, damit die Bz auch durchlaufen kann, wenn Wärme nur für Warmwasser benötigt wird) und haben eine eingebaute Brennwert-Zusatztherme, welche im Winterhalbjahr und auch sonst bei Bedarf die zusätzlich benötigte Wärme erzeugt.


    Brennstoffzellen laufen nach Möglichkeit das ganze Jahr ununterbrochen durch (das erhöht die Lebensdauer) und werden höchstens abgeschaltet, wenn z.B. während des Sommerurlaubs überhaupt keine Wärme benötigt wird. Du kannst also damit 18 kWh am Tag bzw. 6.570 kWh im Jahr erzeugen: Das reicht locker für die Grundlast, aber schon jede Kaffeemaschine und jeder Toaster zieht mehr Leistung - ganz zu schweigen von Wasch- und Spülmaschinen. Die PV-Anlage schafft natürlich tagsüber viel mehr, aber vor allem am Abend (wo bei den meisten Haushalten die Bedarfsspitze liegt) werdet Ihr auch mit PV & BHKW im Sommer ab 20:00h Strom zukaufen müssen, im Winter spätestens ab 17:00h. Mit einem Stromspeicher könnte man das Problem angehen, aber der ist derzeit noch wirtschaftlich absolut uninteressant. Über den Daumen schätze ich daher, dass Ihr mit PV-Anlage und Brennstoffzelle übers Jahr ca. 70-80% Eigenversorgung schaffen könnt. So schlecht wäre das ja nicht.


    Beim Elektroauto wirst Du einen hohen Eigenversorgungsgrad aber nur dann erreichen, wenn Du in der Regel tagsüber aus der PV-Anlage laden kannst. Mit nachts laden aus dem BHKW kommst Du nicht weit: Überschuss-Strom steht nur zwischen etwa 22:00h und 06:00h zur Verfügung, und dann sind das bei einer Brennstoffzelle - abzüglich Grundlast - vielleicht 600 W. In acht Stunden bringt das - vor Ladeverlusten und Speicherwirkungsgrad - knapp 5 kWh: Das langt vielleicht für 25 km, im Winter höchstens für 20 km Fahrstrecke.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Ich wunder mich jetzt etwas. Laut Energieausweis ist das Haus tiefrot ...
    Die derzeitigen Besitzer sind nur zu zweit und wohnen nur im Erdgeschoß.


    Die Brennstoffzelle -hab ich gerade gelernt - soll also möglichst ganzjährig laufen. Wie sieht denn das mit einem herkömmlichen BHKW (Gas) aus? Schaltet man das über Sommer ab oder soll das auch ganzjährig laufen?
    Übrigens ist ein Batteriespeicher fest eingeplant. Ich denke an 10kWh. Ich weiß, dass Speicher immer noch recht teuer ist, will aber trotzdem einen haben - schon allein um mitreden zu können :)




    Wenn das tatsächlich der jährliche Brennstoffverbrauch einer 25 Jahre alten Gastherme ist (wahrscheinlich noch kein Brennwertgerät) entspricht das bei einem Wirkungsgrad von vielleicht 80-85% (Hs) einem Wärmebedarf des Anwesens von äußerstenfalls 22-23.000 kWh. Bei 220 m2 beheizter Fläche sind das ca. 100 kWh/m2 einschließlich Warmwasser, und das wäre für ein 1967 gebautes EFH Spitzenklasse.

    Edit Ja, wenn ich Depp da jetzt nochmal drüber nachdenke: Der Wärmeenergieverbrauch ist natürlich künftig doppelt so hoch anzusetzen, da das Haus ja bisher nur halb genutzt wurde. Wie sieht es dann mit der Sinnhaftigkeit eines BHKW aus?

  • Der Wärmeenergieverbrauch ist natürlich künftig doppelt so hoch anzusetzen, da das Haus ja bisher nur halb genutzt wurde.

    Laut Energieausweis ist das Haus tiefrot ...

    Das würde ja dann heißen mindestens 250 kWh/m2, oder 55.000 kWh reiner Wärmebedarf im Jahr. Typisch 60er Jahre halt.

    Wie sieht es dann mit der Sinnhaftigkeit eines BHKW aus?

    Die Sinnhaftigkeit eines BHKW hängt vom Wärme- und Stromverbrauch ab. Der o.g. Wärmebedarf wäre jedenfalls für ein Stirling-BHKW bereits hoch genug, um sehr attraktive Laufzeiten zu erreichen. Er würde ohne Weiteres auch den Betrieb eines BHKW in der 2 kW-Klasse zulassen, z.B. das neoTower Living mit 1,1-2 kW(el) und 3,6-5,2 kW(th). Für einen Strombedarf von 6500 kWh wäre Letzteres m.E. zu groß. Mit E-Auto könnte das aber schon wieder anders aussehen - müsste man mit spitzem Bleistift nachrechnen.


    Falls der Wärmebedarf sehr hoch wird, solltet Ihr aber auch über Energiesparmaßnahmen nachdenken, z.B. eine ordentliche Dämmung. Unter Rendite-Gesichtspunkten ist das zugegeben nicht besonders attraktiv. Du würdest halt etwas für das Klima tun und hättest - je nach Umständen und möglicher Förderung - das investierte Geld über ersparte Gaskosten in vielleicht 15-25 Jahren wieder hereingeholt. Wie gesagt: Wirtschaftlich nicht gerade der Brüller - aber in den meisten Fällen immer noch rentabler als das Geld für einen Stromspeicher auszugeben.

    Die Brennstoffzelle -hab ich gerade gelernt - soll also möglichst ganzjährig laufen. Wie sieht denn das mit einem herkömmlichen BHKW (Gas) aus? Schaltet man das über Sommer ab oder soll das auch ganzjährig laufen?

    Ich habe mich vielleicht missverständlich ausgedrückt: Was einer Brennstoffzelle nicht bekommt ist häufiges An- und Ausschalten. Jeder derartige Vorgang ist mit Temperaturschwankungen verbunden, und die gehen auf die Lebensdauer der Stacks. Natürlich kann man eine BZ problemlos für den ganzen Sommer ausschalten, wenn man will. Nur muss man dann das tägliche Warmwasser und die gelegentliche Heizwärme in Schlechtwetterperioden auf andere Weise erzeugen. Einem normalen BHKW macht das dagegen nichts aus, unseres kommt vor allem in der Übergangszeit auf 5-10 Starts am Tag. Deswegen kann man es z.B. in den Sommermonaten gezielt in den Abendstunden für die WW-Bereitung laufen lassen.

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)