Pufferspeicher Berechnung der Lade-und Entladezeiten

  • Hallo und guten Morgen zusammen,


    da ich neu bin in diesem Forum würde ich mich erst mal kurz vorstellen.


    Ich heiße Michi, bin 24 und komme aus Bayern. Aktuell besuche ich eine Schule und werde staatlich geprüfter Maschinenbautechniker.


    Im Zuge einer Abschlussarbeit lege ich ein BHKW mit Pufferspeicher, sowie wenn wirtschaftlich interessant mit Solarthermieanlage aus, und überprüfe die Wirtschaftlichkeit.


    Das ganze ist eine Anlage auf kommunaler Ebene, dass heißt es entsteht ein Nahwärmenetz mit Verbrauchern wie z.B. eine Schule/KiKa, Handwerksbetrieben und Privathaushalten.


    Hier liegt eine Gesamtheizlast von ca. 730kW vor, sowie ein Gesamtenergiebedarf von ca 1.300.000 kWh/a.


    Es sind sowohl Lastgänge aus Vergleichsobjekten, als auch Jahresdauerlinie und ungefähre BHKW Größe vorhanden.


    Aktuell hänge ich bei der Auslegung des Pufferspeichers und der Berechnung unter Excel hierfür.


    Der Pufferspeicher wird ca. 100m^3 groß und soll sowohl vom BHKW als auch vom Spitzenlastkessel und der optionalen Solarthermieanlage gefüllt werden.


    Ich habe jetzt in Excel Probleme damit das alles zu berechnen. Ich will, dass das BHKW in den Pufferspeicher lädt sobald ein gewisser Füllgrad unterschritten wird und wieder ausgeht sobald der max. Füllgrad erreicht ist. Gleiches soll der Spitzenlastkessel machen.


    Wenn der Pufferspeicher gefüllt ist soll die gesamte anfallenden Heizlast daraus gedeckt werden und das BHKW erst wieder anspringen wenn z.B. ein Füllgrad von 20% unterschritten wird.
    Das klappt alles soweit, nur entleert sich der Pufferspeicher aktuell nicht ausreichend, er bleibt immer bei einem relativ hohen Füllstand, ich habe mal ein Diagramm angehängt.
    Kann sich einer von euch vielleicht mein Problem vorstellen und mir helfen) :|


    Vielen Dank schon mal, ich hoffe ich habe mich ausreichend vorgestellt und mein Problem verständlich geschildert. :)


    P.S: Euer Forum ist sehr informativ, ihr habt mir ohne es zu wissen schon oft geholfen, danke dafür.
    Entschuldigt mich bitte falls ich im falschen Thread geschrieben habe :)

  • Hallo Michi,


    was Deine direkte Frage betrifft: Ich halte es für wahrscheinlich, dass in Deinem Excel-Sheet irgendwo eine falsche Formel oder ein falscher Bezug drin steckt. Das Diagramm sieht so aus, als ob sich die Anlage nicht zuschaltet, "wenn ein Füllgrad von 20% unterschritten wird", sondern "wenn der Füllgrad um 20% abgesunken ist". An der Stelle würde ich nach dem Fehler suchen.


    Zum Anderen fällt mir aber an Deinem Design auf, dass die Regelcharakteristik aus meiner Sicht suboptimal ist. Der Pufferspeicher an einem BHKW hat zwar auch die Aufgabe, die BHKW-Laufzeit pro Start zu verlängern, weil bei jedem Start suboptimale Betriebsparameter auftreten und die Anlage zusätzlich belastet wird. Die aus meiner Sicht wichtigere Aufgabe des Pufferspeichers ist aber, dass dadurch außerhalb der Wintermonate (wo ein richtig dimensioniertes BHKW 24/7 durchläuft und ein Pufferspeicher eigentlich gar nicht benötigt wird) die Möglichkeit geschaffen wird, das BHKW vorzugsweise dann laufen zu lassen, wenn Strom verbraucht wird. Ein starrer Einschaltpunkt bei z.B. 20% Füllgrad ist wirtschaftlich suboptimal, weil sich dann das BHKW zu jeder beliebigen Tageszeit ein- und ausschalten wird, unabhängig davon ob zu der Zeit Strombedarf ist oder nicht: Im pessimalen Fall schaltet es sich abends um 22:00h ein (weil gerade dann die Speicherladung unter 20% fällt), lädt die ganze Nacht (wenn kaum Strom gebraucht wird) und geht pünktlich zum Ansteigen des Strombedarfs am Morgen wieder aus, weil der Speicher voll ist.


    Drittens:

    Der Pufferspeicher wird ca. 100m^3 groß und soll sowohl vom BHKW als auch vom Spitzenlastkessel und der optionalen Solarthermieanlage gefüllt werden.

    BHKW und Solarthermie ist klar, aber warum soll der Spitzenlastkessel den Speicher "füllen"? Der Spitzenlastkessel soll nur dann laufen, wenn a) die kombinierte thermische Leistung von BHKW und ggf. ST niedriger ist als die benötigte Heizleistung, und b) der Pufferspeicher leer ist. Angenommen der Einschaltpunkt liegt bei 20% Füllgrad, dann sollte der SLK sich zwar einschalten, aber spätestens bei 30-40% wieder ausgehen, damit das Puffervolumen für BHKW und ggf. ST reserviert bleibt.


    Und schließlich:

    sowie wenn wirtschaftlich interessant mit Solarthermieanlage

    Du solltest jedenfalls bei Deinen Berechnungen berücksichtigen, dass eine Solarthermie-Anlage v.a. im Sommerhalbjahr BHKW-Laufzeit kostet. Bei unserer Anlage (siehe Signatur) macht das ca. 10-15% der möglichen Jahreslaufzeit des BHKW aus. Das spart zwar Brennstoff und hilft so der Umwelt, aber so lange das BHKW steht, produziert es eben auch keinen Strom für den Eigenbedarf. Unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten dürfte es daher in 99% der Fälle nachteilig sein, eine ST und ein BHKW gemeinsam zu betreiben.


    Wenn man so etwas überhaupt macht (nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern um Klimagase zu sparen), sollte man m.E. unbedingt den größeren Teil der verfügbaren Dachfläche für Photovoltaik nutzen. Dann hat man v.a. im Sommertrimester (wenn das BHKW ohnedies wenig läuft und in Zusammenarbeit mit einer ST u.U. wochenlang ganz steht) wenigstens tagsüber Strom für die Gewerbebetriebe. PV geht allerdings am besten dezentral, d.h - soweit technisch möglich - sollten die PV-Anlagen auf den einzelnen Anwesen betrieben werden. Wirtschaftlich unterm Strich noch attraktiver wäre es wahrscheinlich, die ST wegzulassen und nur Photovoltaik zu bauen. Dann kann das BHKW im Sommer vorzugsweise in den Abendstunden - also nach Sonnenuntergang bei hohem Strombedarf - laufen und für den Warmwasserbedarf den Pufferspeicher füllen, während die PV tagsüber den Strombedarf deckt.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Hallo Sailor,


    Vielen Dank für deine umfassende Antwort, jetzt wird mir einiges klarer.


    Mein Fehler war tatsächlich, dass der Spitzenlastkessel, wenn er denn ein ist, den Pufferspeicher geladen hat.


    Ich habe mich da leider falsch ausgedrückt, der SLK soll nicht den Pufferspeicher füllen, wollte damit eigentlich sagen, dass er am Pufferspeicher angeschlossen wird und die anfallende Heizlast immer aus dem Pufferspeicher zu entnehmen ist.


    Ich hätte vermutlich noch erwähnen sollen, dass das BHKW Teil eines virtuellen Kraftwerk werden soll, somit sollte die Stromabnahme, speziell in der Nacht, ein nicht ganz so großes Problem sein. Aber es macht auf alle Fälle Sinn wenn du sagst das ist suboptimal, darüber mache ich mir noch Gedanken.


    Wie du bereits vermutet hast, hat die ST überwiegend die Aufgabe Klimagase zu sparen und somit nur indirekt auf die Wirtschaftlichkeit abzielt.


    Ich spiele das Szenario aber auf alle Fälle auch mit einer PV durch. Denkst du es würde Sinn machen die ( falls installierte) PV mit einem Power-to-Heat System auszustatten? Auf den ersten Blick würde ich sagen nein, da in Zeiten von viel Sonnenschein wenig Wärme nachgefragt wird. Aber es würde im Vergleich zum BHKW ohne Brennstoffeinsatz produzieren.



    Nochmal vielen herzlichen Dank für deine umfassende Antwort, du hast mir sehr geholfen, habe mich in einer völlig falschen Richtung verrannt


    Herzliche Grüße,


    Michi

  • Hallo Michi,

    Ich habe mich da leider falsch ausgedrückt, der SLK soll nicht den Pufferspeicher füllen, wollte damit eigentlich sagen, dass er am Pufferspeicher angeschlossen wird und die anfallende Heizlast immer aus dem Pufferspeicher zu entnehmen ist.

    Klar.

    Ich hätte vermutlich noch erwähnen sollen, dass das BHKW Teil eines virtuellen Kraftwerk werden soll, somit sollte die Stromabnahme, speziell in der Nacht, ein nicht ganz so großes Problem sein.

    Im Prinzip ja, insbesondere wenn das virtuelle Kraftwerk auch viele PV-Anlagen enthält. Aber die wichtigste Eigenschaft eines virtuellen Kraftwerks ist doch, dass es besser auf Schwankungen der Stromnachfrage (und ggf. auch der Börsenstrompreise) reagieren kann als das bei einer Einzelanlage geht. Daraus folgt m.E., dass ein stromgesteuertes Ein- und Ausschalten des BHKW jedenfalls möglich sein sollte und außerhalb des Wintertrimesters vielleicht sogar zur Regel wird. Das hängt aber neben der Stromnachfrage (die statistisch recht gut abgesichert und in Standardprofilen hinterlegt ist) vor allem von den anderen Komponenten des virtuellen Kraftwerks ab, und von den Vertragsbedingungen unter denen es arbeitet.

    Denkst du es würde Sinn machen die ( falls installierte) PV mit einem Power-to-Heat System auszustatten? Auf den ersten Blick würde ich sagen nein, da in Zeiten von viel Sonnenschein wenig Wärme nachgefragt wird. Aber es würde im Vergleich zum BHKW ohne Brennstoffeinsatz produzieren.

    Wenn bzw. solange die PV-Anlage eine Vergütung nach EEG erhält, kann damit ein PtH-System niemals wirtschaftlich betrieben werden: Die entgangene Vergütung ist stets höher als der Wert der Wärme bzw. die alternativen Kosten der Wärmeerzeugung im BHKW. Anders wäre es nur, wenn aus technischen Gründen (z.B. weil die Gegebenheiten des virtuellen Kraftwerks das erfordern) häufige Abregelungen von PV-Strom vorkommen: Bevor der Strom gar nicht erzeugt wird, kann man daraus natürlich auch Wärme machen.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)