Macht ein Brennstoffzellengerät Sinn, wenn ich bereits über eine Photovoltaik- und eine Solarthermieanlage verfüge?

  • Hallo an alle hier im Forum!


    Auch ich spiele mit dem Gedanken, mir im Austausch für meine alte (aber zum noch funktioniende) Gasbrennwerttherme demnächst ein Brennstoffzellengerät zuzulegen. Ich habe mir nun schon einige Diskussionen hier durchgelesen, aber vielleicht hat jemand Lust und Zeit mir zu meiner spezifischen Situation ein paar Tipps zu geben, ob eine solche Investition sowohl technisch als auch wirtschaftlich überhaupt Sinn macht. Die wichtigesten Daten einfach mal tabellarisch:


    Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung
    Anzahl der Bewohner: 7
    Baujahr: 1998
    Gesamtwohnfläche: 260 m2
    Fußbodenheizung


    Derzeitiges Heizsystem: Gas-Brennwertherme
    Baujahr: ebenfalls 1998


    Solarthermieanlage (nur zur Brauchwassererwärmung): ca. 6 m2 mit Kollektorfläche


    Photovoltaikanlage (Baujahr 2004) mit 10 kWp


    Gasverbrauch (Mittelwert der letzten drei Jahre): ca. 26.500 kWh/a
    Stromverbrauch: ca. 6.000 kWh/a


    Meine Hauptfrage ist also, ob ein Brennstoffzellengerät Sinn macht, wenn ich bereits über eine PV-Anlage verfüge und das Brauchwasser bei Sonnenschein auch über Solarthermie erwärme?


    Ich freue mich auf Eure/Ihre Einschätzungen - und danke im Voraus für jede Antwort!


    Gutsoweit

  • Meine Hauptfrage ist also, ob ein Brennstoffzellengerät Sinn macht, wenn ich bereits über eine PV-Anlage verfüge und das Brauchwasser bei Sonnenschein auch über Solarthermie erwärme?

    Eine Brennstoffzelle sollte möglichst viele Bh pro Jahr machen. Auch häufiges Ein- und Ausschalten sollte vermieden werden. Da ist die Solarthermieanlage kontraproduktiv. Einen wirtschaftlichen Betrieb ist daher nur schwer möglich. Die Umwelt wird es trotzdem danken.

    Rechnen hilft. Bleistift, Stück Papier und ein Taschenrechner und man wird sich über einige Ergebnisse wundern. ?(
    http://perdok.info/
    Oscar Perdok GmbH
    Gildeweg 14, 46562 Voerde
    Beratung, Planung und Installation von: KWK-Anlagen, PV-Anlagen, Stromspeicher mit Notstromfunktion, Eigene Herstellung von Ladestationen für E-Mobile, Energie-Effizienz incl. Kosten/Nutzen-Betrachtung, Ladestation für E-Mobile (kostenlos)

  • @gutsoweit: Offenbar hast Du da was falsch verstanden: Das Brennstoffzellengerät kann Deine Heizung ergänzen, nicht ersetzen!
    Die Brennstoffzellengeräte mögen keinen Lastwechselbetrieb und sind auch (noch?) viel zu teuer für kurze Betriebszeiten.
    Die Gas-Brenntwerttherme wirst Du also weiter brauchen. Und einen genügend großen Puffer dazu, damit Solarthermie* und Brennstoffzelle "aneinander vorbeikommen"
    Aber wenn Du Spaß daran hast, die auszuprobieren - die KfW-Bank fördert Brennstoffzellengeräte sehr.
    Ob sie wirtschaftlich sind: Hast Du eine Glaskugel?
    Da spielt so viel mit rein (Anschaffungskosten incl. Installation, Förderung der Anschaffung, Lebensdauer, Einspeisevergütung, Gaspreis, Dein persönlicher Steuersatz! sowohl für die Abschreibung als auch für den Eigenverbrauch, Wartung, Reparaturen, tatsächliche Laufzeit, ...) Ich hab jedenfalls noch keine vollständige Rechnung gesehen, die das alles berücksichtigen würde...
    Also: wenn Du übriges Kleingeld hast und zur Markteinführung der - interessanten - Technologie beitragen willst, dann "Go for it"


    Wie interessant Deine PV-Anlage (nach Ablauf der 20 Jahre!) zum Weiterbetrieb für Eigenverbrauch ist, hängt auch von Deinem persönlichen Steuersatz ab.


    *Deine Solarthermieanlage ist, wenn sie fachgerecht gebaut ist, als reine Warmwasseranlage bei der großen Wohnfläche und Personenzahl sicher optimal ausgenutzt (wahrscheinlich reicht sie nur während weniger Wochen im Jahr zur vollständigen Abdeckung Deines Warmwasserverbrauchs). Dein Gasverbrauch dürfte "Daumen in den Wind" bei rund 4000 m³ jährlich liegen, die Solarthermie runde 2400kWh (entsprechend rund 240m³ Gas) leisten.

    PV Anlage 4,9 kW, 20 * Trina 245W, WR Imeon 9.12, 3-phasig, On/Off Grid

    Batterie Hawker 48V, 575Ah, E-Auto Renault Zoe

  • Wie viel Strom produziert denn die PV pro Jahr? Immerhin ist die Anlage ja bereits 12 Jahre alt.... Heutige Anlagen wären bei 10 kWp bei 9-10.000 kWh

  • Wie viel Strom produziert denn die PV pro Jahr? Immerhin ist die Anlage ja bereits 12 Jahre alt.... Heutige Anlagen wären bei 10 kWp bei 9-10.000 kWh

    Interessante Frage - für den Eigenverbrauch allerdings wohl belanglos, denn er würde ja auf rund 50ct/kWh Einspeisevergütung verzichten.

    PV Anlage 4,9 kW, 20 * Trina 245W, WR Imeon 9.12, 3-phasig, On/Off Grid

    Batterie Hawker 48V, 575Ah, E-Auto Renault Zoe

  • @ecopowerprofi und Bernhard_Konrad:
    Vielen Dank für Eure Stellungnahmen! Dass ein Brennstoffzellengerät meine Heizung komplett ersetzt, hatte ich auch nicht gedacht. Aber ich hatte auch schon Meinungen gehört bzw. gelesen, dass eine vorhandene Solarthermieanlage gar kein Problem sei, was mir merkwürdig vorkam...


    Mein Speicher fasst 300l und im Sommer und auch größtenteils im Frühjahr und im Herbst stellt die Solarthermieanlage hier in unserer Ecke (Rheinhessen) tatsächlich fast komplett den Wärmebedarf für unser Brauchwasser, also wäre in dieser Zeit kein "Abnehmer" für die erzeugte Wärme der Brennstoffzelle vorhanden, richtig?


    Wenn das Gerät – ich hatte bislang den "Vitovalor" von Viessmann im Auge – somit auf zu wenige jährliche Betriebsstunden kommt, scheint sich das also tatsächlich nicht zu rechnen.


    Von einem anderen Hersteller (Elcore) habe ich inzwischen auch die Auskunft bekommen, dass die Kombination eines Brennstoffzellengeräts mit (vorhandener) Solarthermie nicht sinnvoll ist.

    Einmal editiert, zuletzt von gutsoweit () aus folgendem Grund: Schreibfehler

  • Moin



    Zitat von Bernhard_Konrad

    Die Gas-Brenntwerttherme wirst Du also weiter brauchen.

    Zitat von gutsoweit

    Dass ein Brennstoffzellengerät meine Heizung komplett ersetzt, hatte ich auch nicht gedacht.

    das ist nicht ganz richtig. In der Regel bauen die Hersteller Kombigeräte aus Therme+Brennstoffzelle, das angesprochene Vitovalor hat auch noch einen Brauchwasserspeicher an Bord.


    Klar ist das die Zelle 24/365 durchlaufen sollte und die erzeugte Wärme genauso wie der Strom im Objekt abgenommen werden sollte. Dafür ist Euer Objekt zu klein bzw. der Wärmebedarf nicht ganzjährig gegeben.



    Grüße

  • Wäre denn in meinem Fall eine stromgeführte Mikro-KWK-Anlage sinnvoll? Ich war gerade auf der Seite von Solid Power, die den BlueGen anbietet. Kann ein solches Gerät im Gegensatz zu wärmegeführten Systemen tatsächlich "24/365" arbeiten? Auch wenn das Gerät weniger thermische Leistung hat (0,6 kW), wohin wird diese Energie "abgeführt", wenn im Sommer das Brauchwasser in meinem 300l-Speicher durch die Solarthermieanlage erwärmt wird? Hat jemand hier im Forum Erfahrungen mit diesem Gerät?

  • kurzer Exkurs :


    KWK ist der Oberbegriff für verschiedene Technologien, Mikro-KWK sagt nur etwas über die Leistung/Größe nicht aber über die verwendete Technologie.


    Sowohl das Vitovalor als auch das Gerät von Solid Power ( BlueGen) sind KWK-Geräte und beide sind wärmegeführt.
    Das BlueGen ist aber ein reines "Beistellgerät". Im Normalfall Stoppt das Gerät sobald die Wärme nicht mehr in den Speicher abgeführt werden kann weil dieser voll ist.
    Es gibt aber auch Konstruktionen die Ihre gesamte Wärme über den Abgasstrom in die Umwelt blasen können und so weiter Strom produzieren, ob das BluegGen zu dieser Kategorie gehört konnte ich nicht erlesen.
    Natürlich nimmt damit die Effizienz des Gesamtsystems stark ab wenn Wärme "weggeworfen" wird - ich würde sowas nicht nutzen.


    Grüße

  • ...und das wäre ja dann auch nicht anders als wie bei einem Kraftwerk, bei dem die bei der Stromproduktion erzeugte Wärme ungenutzt weggeblasen wird.


    Beim BlueGen steht in der Beschreibung, dass der Fokus auf der Stromerzeugung liegt. Dennoch wird bei dem Prozess Wärme erzeugt; im Verhältnis allerdings 0,6 kW thermischer Leistung zu 1,5 kW elektrischer Leistung. Ob das Gerät stoppt, sobald die erzeugte Wärme nicht mehr abgeführt werden kann, steht jedoch nirgends.


    Aber vielleicht hat ja jemand tatsächlich Erfahrungen mit diesem Gerät?

  • Moin,

    Ob das Gerät stoppt, sobald die erzeugte Wärme nicht mehr abgeführt werden kann, steht jedoch nirgends.

    Kann sein dass es dann tatsächlich stoppt, aber gut für das Gerät ist das auf die Dauer sicher nicht. Nach allem was hier im Forum zu lesen war, verkürzt bei den derzeit angebotenen Geräten jeder Ein- und Ausschaltvorgang die Lebensdauer.


    Wenn Du eine Brennstoffzelle und eine Solarthermie betreiben möchtest, wird es das beste sein, die Bz in den Sommermonaten komplett abzuschalten und in dieser Zeit evtl. an wolkigen Tagen auftretenden TWW-Bedarf mit der Zusatzheizung zu decken. Die Bz läuft dann eben nur - sagen wir - 6000 Stunden im Jahr durch und nicht 8760. Das ist wegen der Fixkosten wirtschaftlich suboptimal, sollte aber technisch kein Problem sein. (Eine PV-Anlage, die auf Eigenverbrauch ausgelegt ist, würde im Sommer 14 Stunden am Tag Strom liefern und den Nichtbetrieb der Bz weitgehend ausgleichen. Bei Deiner Volleinspeisungs-Anlage musst Du stattdessen halt noch sieben Jahre lang drei oder vier Monate im Jahr Strom zukaufen.)


    Die Frage ist nur: Was passiert an einem sonnigen April- oder Septembertag, wenn die Bz noch bzw. schon wieder eingeschaltet ist und die ST den Speicher randvoll auflädt? Natürlich kann man die ST einfach abschalten, solange die Bz läuft. Eine bessere Alternative wäre m.E., die Bz von vornherein auf einen separaten Pufferspeicher arbeiten zu lassen, der nicht von der ST beladen wird. Ich würde diesen als Heizpuffer und Frischwasserstation auslegen: Das TWW würde in diesem Fall zunächst den Wärmetauscher im Heizpuffer durchlaufen, dort vorgewärmt werden und dann in den eigentlichen TWW-Speicher eintreten (der wg. Legionellen hoffentlich auch als Frischwasserstation ausgelegt ist). Solange die ST nicht läuft, muss dann im TWW-Speicher einfach weniger zugeheizt werden: Kein Problem. Ist er aber von der ST geladen und bereits heiß, findet eben weniger Wärmeaustausch statt, d.h. der ST-Speicher hält länger. Im schlimmsten Fall - wenn dieser Zustand einige Tage andauert - geht der Wirkungsgrad der ST-Anlage zurück, oder die ST geht in die Stagnation. Diese Wärme ist dann natürlich verloren, aber wenn man den Ein-und Ausschaltpunkt der Bz einigermaßen intelligent wählt, sollte das nicht allzu oft passieren.


    Theoretisch könnte man diese Betriebsweise mit zwei Speichern wohl auch den ganzen Sommer durch aufrecht erhalten. Das würde aber bedeuten, dass man eine Menge Bz-Wärme (die ja mit fossilem Erdgas erzeugt wurde) einfach wegwerfen muss - wirtschaftlich fragwürdig und alles andere als optimal für die Umwelt.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Wenn Du Dir eine eigene kleine Simulation schreiben willst, kannst Du typische Meteodaten bei Meteonorm kriegen.
    Hab das mal mit einer großen Excel-Tabelle gemacht, gibt spannende Resultate.
    Anbei zwei Grafiken aus den Meteodaten:

    PV Anlage 4,9 kW, 20 * Trina 245W, WR Imeon 9.12, 3-phasig, On/Off Grid

    Batterie Hawker 48V, 575Ah, E-Auto Renault Zoe