Gebäudesanierung > BHKW interessant?

  • Hallo forum,


    ich bin neu hier, weil ich mich mit der BHKW-Technik und deren Möglichkeiten vertraut machen möchte. Wir sanieren zur Zeit ein größeres Gebäude in mehreren Abschnitten, in dem für den 1. Bauabschnitt eine Gasbrennwerttherme verfügbar ist. Für den weiteren 2. Bauabschnitt erhöht sich die zu beheizende Fläche auf ca. 600 m² für Wohnen und Gewerbe. Alternativ zu Gasbrennwert, Pelletkessel, Solarthermie, etc. interessiert mich die BHKW-Technologie. Leider kann ich die meisten Fragen noch nicht wirklich beantworten, sondern nur schätzen. Der Heizungsbauer schätzt die Heizlast für beide Bauabschnitte im Spitzenbereich auf voraussichtlich ca. 45 kW.


    Verbrauchsdaten
    Jährlicher Stromverbrauch: unbekannt
    Jährlicher Brennstoffverbrauch: unbekannt


    Derzeitige Heizung (zur Zeit nicht in Betrieb)
    Energieträger der Heizung: Erdgas
    Alter und Typ der der Heiztechnik: Gasbrennwerttherme 22 KW BJ. 2000
    Ist bereits eine Solarthermie vorhanden: nein
    Vorhandener Heizungspufferspeicher und Größe: noch keiner
    Art der Warmwasserbereitung und Vorratsvolumen: für den 1. Bauabschnitt > 1000 l Pufferspeicher mit FriWa
    Gibt es ein besonderes Strom-/Wärmeverbrauchsverhalten: Ein großer Teil der zukünftigen Wohnfläche (im 2. Bauabschnitt: 250 m²) wird voraussichtlich nur primäre im Sommer genutzt
    Hydraulischer Abgleich durchgeführt: Heizunganlage ist noch im Bau
    Temperaturen der Heizkreise: 35-40°
    Art der Heizkörper: Wandheizung


    Immobilie und Rahmendaten
    Beheizte Fläche, Anzahl Bewohner: 1. BA 250 m² > 2 Bewohner / 2. BA 350 m² > Siasonvermeitung bis 12 Bewohner
    Art und Baujahr der Immobilie: Vollklinker Bauernhaus aus 1915
    Erfolgte Modernisierungen: Sanierung incl. Innen- Dach- und Fussbodendämmung
    Weitere geplante Modernisierungen:
    Zweiter Abgasstrang für BHKW frei: Zur Zeit nur 1 Abgasleitung für vorhandene Gasbrennwerttherme
    Erdgasanschluss vorhanden oder möglich: ja
    Zusammenschluss von Nachbarhäusern möglich: Nicht gewollt!


    Leider sind noch viele Parameter unbekannt > trotzdem möchte ich mich mit der BHKW-Alternative beschäftigen.


    Wer hat Tipps zu einer sinnvollen Vorgehensweise?


    JayC

  • Angesichts der Fläche kann man davon ausgehen, dass ein BHKW Sinn machen könnte. Die Frage ist, was Du denn unter "sanieren" verstehst..... Wird gedämmt, neue Fenster???


    Und wie soll die Saisonvermietung aussehen? Wo ist denn das Objekt?

  • Moin,

    Ein großer Teil der zukünftigen Wohnfläche (im 2. Bauabschnitt: 250 m²) wird voraussichtlich nur primäre im Sommer genutzt

    das ist für ein BHKW sehr ungünstig, im Sommer gibts nur paar kWh Bedarf für WW. Unter diesen Voraussetzungen ist wohl PV besser um zumindest im Sommer ein paar kWh Netzstrom zu substituieren.


    m.M. würde hier eine Stirlingtherme ausreichen, die haben zwar nur 26KW max. aber ich frag mich sowieso wie der Heizi auf 45KW Spitze kommt??


    Grüße

  • @all,


    Sanierung: Das Gebäude wird, soweit es technisch sinnvoll und möglich ist gedämmt: Innendämmung, Dach, obere Geschossfläche und Fussböden. Die Beheizung der Räume wird ausschließlich über Wandheizung erfolgen.


    Die 45 kW sind eine grobe, überschlägige Schätzung, da die konkrete Planung des 2. Bauabschnitts noch nicht durch ist.. Der Heizungsbauer hat die Leistung so ausgelegt, als wenn alle Räume auch im Winter durchgehend bewohnt werden. Mitr erscheint es auch sinnvoll, da es durchaus auch sein kann, daß der 2. Bauabschnitt auch in der kalten Jahreszeit, insbesondere über den Jahreswechsel bewohnt werden. Ggfs. kann irgendwann auch eine dauerhafte Vermeitung in Frage kommen. Es sind leider zur Zeit viele "sowohl als auch"-entscheidungen, die eine Planung sicherlich nicht vereinfachen.


    Das Objekt liegt in Nordwestmecklenburg in Ostseenähe.

  • Moin,

    Die 45 kW sind eine grobe, überschlägige Schätzung, da die konkrete Planung des 2. Bauabschnitts noch nicht durch ist.. Der Heizungsbauer hat die Leistung so ausgelegt, als wenn alle Räume auch im Winter durchgehend bewohnt werden.

    Ich halte 45 kW Heizleistung für ein nach heutigen Vorschriften saniertes Gebäude mit 600 qm für extrem hoch, auch wenn man die Bedingungen eines Winters in McPomm ansetzt. Zum Vergleich: Unser Haus mit 380 qm wurde bereits 2003 nach damaligen Vorschriften saniert. Der Heizenergiebedarf ohne TWW liegt mit 26 MWh/a (70 kWh/qm) deutlich über dem, was die EnEV heute für sanierte Gebäude fordert. Trotzdem beträgt die Heizlast bei Auslegungstemperatur (in unserem Fall -16°C) rechnerisch nur 15 kW. Hochgerechnet auf Dein Gebäude wären das nicht mehr als 24 kW; bei Einhaltung der EnEV-Forderungen käme noch deutlich weniger heraus. Sicher wurde bei den 45 kW eine Reserve für TWW einkalkuliert, aber m.E. kann das nicht zu einer Verdoppelung der Heizlast führen.


    Die Schätzung ist also nicht sehr verlässlich, und Du solltest mit der Heizungsauslegung warten, bis eine einigermaßen genaue Berechnung von Heizlast und Jahres-Wärmeverbrauch vorliegt. Das sollte spätestens möglich sein, wenn alle Parameter der energetischen Sanierung feststehen. Die vollständige Ausrüstung mit Flächenheizung ist bis dahin das Beste, was Du tun kannst, um Dir möglichst viele Optionen offen zu halten.


    Was aber für die Entscheidung "BHKW oder nicht" - erst recht für die Auswahl des BHKW - mindestens so wichtig ist, wäre eine wenigstens grobe Schätzung des zukünftigen Stromverbrauchs nach Menge und Profil. Für Privathaushalte gibt es dafür statistisch recht verlässliche Zahlen (die allerdings für reine Sommergäste noch überarbeitet werden müssten), bei einem Gewerbe müsstest Du bei vergleichbaren Betrieben nachfragen. Die Wirtschaftlichkeit eines BHKW hängt nun mal vom Grad der Selbstnutzung des Stroms im Gebäude ab. Eine hauptsächliche Nutzung im Sommer wäre für ein BHKW wirtschaftlich "pessimal", weil nur dann viel Strom verbraucht wird, wenn das BHKW wenig läuft. Von der Einspeisevergütung im Winter wird (selbst mit 8 ct/kWh KWK-Zulage) bestimmt niemand reich.


    Bei Wirtschaftlichkeits-Abschätzungen solltest Du auch daran denken, dass Du zumindest nach heutiger Rechtslage für Mieterstrom die volle EEG-Umlage abführen musst, das sind 2017 immerhin 6,88 ct/kWh, bzw. mit Umsatzsteuer 8,19 ct/kWh. Angeblich soll sich hier auf dem Verordnungswege etwas ändern, aber das glaube ich erst, wenn ich es sehe.


    Unter diesen Voraussetzungen ist wohl PV besser um zumindest im Sommer ein paar kWh Netzstrom zu substituieren.

    Die Anschaffung einer PV-Anlage würde ich bei einem Gebäude mit hoher Sommernutzung in jedem Fall mal rechnen und die Planung darauf abstimmen - natürlich nur wenn das Dach sich grundsätzlich dafür eignet. Die Voraussetzungen sehen in jedem Fall günstig aus, und wenn Du ein BHKW anschaffst, wäre eine PV immer noch eine ideale Ergänzung dazu.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)