Vergütung bei negativen Preisen

  • Hallo,


    im aktuellen EEG 2017 findet sich eine aktualiserte Regelung zur Vergütung bei negativen Preisen (§51). Da steht nun


    Zum Vergleich lautet die entsprechende Passage aus dem KWKG 2016


    § 7 Höhe des Zuschlags für KWK-Strom aus neuen, modernisierten oder nachgerüsteten KWK-Anlagen


    (8) Für Zeiträume, in denen der Wert der Stundenkontrakte für die Preiszone Deutschland/Österreich am Spotmarkt der europäischen Strombörse European Power Exchange (EPEX Spot SE) in Paris Null oder negativ ist, besteht kein Anspruch auf Zahlung von Zuschlägen. Der während eines solchen Zeitraumes erzeugte KWK-Strom wird nicht auf die Dauer der Zahlung nach § 8 angerechnet.


    KWK-Anlagen sind disponibel und können im Gegensatz zu Windparks auf Preissignale reagieren, aber man erkennt, dass im EEG eine Ausnahmeregelung für kleine Anlagen geschaffen wurde. Dies fehlt im KWKG insbesondere für kleine KWK-Anlagen, die nicht der Direktvermarktungspflicht unterliegen. Haltet Ihr eine Ausnahmeregelung für
    a) 50 kW (Kleinst-KWK-Anlagen nach Richtlinie 2012/27/EU) oder
    b) 100 kW (Direktvermarktungspflicht nach KWKG 2016)
    besser begründbar?


    Gruß,
    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

  • Moin Gunnar,

    Haltet Ihr eine Ausnahmeregelung für
    a) 50 kW (Kleinst-KWK-Anlagen nach Richtlinie 2012/27/EU) oder
    b) 100 kW (Direktvermarktungspflicht nach KWKG 2016)
    besser begründbar?

    Ich glaube, zunächst sollten wir die Frage beantworten, warum es überhaupt eine Ausnahmeregelung für kleine Anlagen geben soll.


    Unser kleines BHKW Bj. 2012 (1 kWel) ist nicht betroffen, aber ich habe die theoretische Auswirkung zum Spaß mal abgeschätzt: Im Jahr 2015 gab es insgesamt während ca. 170 Stunden negative Strompreise. Weil diese Ereignisse aber z.B. auch tagsüber im Sommer auftraten, ist unser BHKW nur während geschätzten 110 dieser Stunden überhaupt gelaufen, das sind 2,5% der Gesamtlaufzeit. Je nach Selbstverbrauchs-Anteil hätten wir also gem. KWKG 2016 auf € 4,40 bis € 8,80 KWK-Zulage im Jahr verzichten müssen - und das auch nicht für immer, denn die Förderungsdauer nach Vollbetriebsstunden würde sich ja um diese 110 Stunden verlängern. Angesichts BHKW-Kosten von ca. 4.000 EUR im Jahr (einschl. AfA) wäre das m.E. selbst dann noch vernachlässigbar, wenn sich die Stundenzahl zukünftig verdoppeln oder verdreifachen würde.


    Das eigentliche Problem für kleine Anlagen ist also nicht die Belastung durch die Regelung selbst, sondern die Tatsache, dass solche Anlagen so gut wie nie über die messtechnischen Einrichtungen verfügen, um die Daten für eine Anwendung von § 7(8) KWKG überhaupt generieren zu können. Ob die viel besprochenen Smart Meter das zukünftig hergeben werden, weiß ich nicht. Bis dahin sollte aber jedenfalls die Regelung erst ab einer Anlagengröße angewendet werden, wo z.B. die viertelstündige Leistung ohnedies gemessen werden muss, so dass die Daten für die Berechnung nach § 7(8) KWKG automatisch und ohne Zusatzaufwand zur Verfügung stehen. Welche Anlagengröße das ist, müssen die Fachleute entscheiden.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Moin,


    natürlich sind auch kleine BHKW betroffen, denn hier wurde hart eine pauschale 5%tige Reduzierung der KWK Vergütung ins Gesetz gemeiselt.
    Dafür ist es auch völlig unerheblich ob das BHKW zu den Zeiten gelaufen ist oder nicht - das ist ja gerade die Ungerechtigkeit.


    Grundlage für diese Berechnung sind unsere Quartalsweisen Meldungen. Wenn ich es richtig verstanden habe läuft das so :


    gemeldete Strommenge in Q3 = 3000kWh = 1000kWh je Juli/August/September
    negative Preise an Tagen in Q3 = 0 Juli / 4 August / 2 September
    Vergütungsanspruch Q3 = 1000kWh Juli / 1000-20%= 800kWh August / 1000-10%=900kWh September


    Wenn das nicht ungerecht ist !!!! Sollte mein Verständnis der Regelung falsch sein bitte ich um Richtigstellung.


    Insofern bin ich für eine Ausnahmeregelung für Anlagen die in der Regel nicht über RLM und zukünftig nicht über iMSYS verfügen werden.


    mfg

  • Moin,

    natürlich sind auch kleine BHKW betroffen

    Richtig, aber nur bei Inbetriebnahme ab 01.01.2016 (Übergangsregelung § 35 Abs.2 KWKG). Dann ist es genau wie Du schreibst, und in der Tat ist das eine völlig ungerechtfertigte Diskriminierung kleiner Anlagen.


    RLM ist verpflichtend (wenn ich richtig informiert bin) für Verbraucher ab 100.000 kWh/a. Wenn die gleiche Grenze auch für Erzeuger gilt, so entspricht das bei einem BHKW mit 5.000 Betriebsstunden im Jahr ca. 20 kW Nennleistung. Die iMSYS sollen zukünftig bei Anlagen ab 7 kW Leistung eingebaut werden. Sinnvoll wäre daher tatsächlich, wie von Dir vorgeschlagen die Ausnahme an das (Nicht-)Vorhandensein derartiger Messeinrichtungen zu knüpfen. Das erscheint sachlich besser begründet und politisch leichter durchsetzbar, zumal weniger Anlagen "profitieren" als bei einer starren 50- oder 100 kW-Grenze und außerdem die Anzahl der "begünstigten" Anlagen mit dem zukünftigen iMSYS-Rollout immer weiter zurückgehen wird.


    mfg

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

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  • aber nur bei Inbetriebnahme ab 01.01.2016

    Das ist korrekt, nur Neuanlagen sind betroffen, hab ich vergessen zu schreiben.


    Ich bin mir nicht sicher welche Auswirkungen das neue MSBG hat. iMSYS ist klar ab 7KW oder 6000kWh Verbrauch geregelt, aber unter dieser Grenze sind "intelligente Zähler" gefordert - ist damit auch RLM gemeint oder nur elektronische "Monster" Zähler? Sollen diese Zähler fern ausgelesen werden oder nur wie bislang Quartals oder Jahresweise?? Werden nur Zählerstände aus-/abgelesen oder Zählergänge?? Fragen über Fragen |:-(|:-(

  • an das (Nicht-)Vorhandensein derartiger Messeinrichtungen zu knüpfen. Das erscheint sachlich besser begründet und politisch leichter durchsetzbar, zumal weniger Anlagen "profitieren" als bei einer starren 50- oder 100 kW-Grenze und außerdem die Anzahl der "begünstigten" Anlagen mit dem zukünftigen iMSYS-Rollout immer weiter zurückgehen wird.

    Es geht aber auch darum, die bestehenden Grenzen zu nutzen, weil die bekannt sind. Nicht nur dem Gesetzesanwender, sondern auch dem Gesetzgeber. Ausserdem geht es nicht nur um das Vorhandensein von RLM-Zählern, sondern es geht auch die Transaktionskosten / Prozesskosten. Wir wollen doch, dass die regulatorischen Vorgaben nicht allzu abschreckend sind. Wenn nun zusätzlich bei den Kleinstanlage über 7 kW in Zukunft der Regelaufwand zunimmt - und sei es nur die Überprüfung der Abrechnung - dann wirkt das m.E. abschreckend.


    Im Kleinbereich sollte es nach dem KISS-Prinzip funktionieren, da der (positive) Effekt auch im Verhältnis zum Aufwand stehen sollte. Angesichts der Tatsache, dass man im EEG eine Grenze von 500 kW gezogen hat, finde ich eine 50 kW Grenze für KWK-Anlagen vertretbar - insbesondere weil man da mit dem Europarecht argumentieren kann. Das ist schon eine eingeführte Grenze in der EED (Energy-Efficiency-Directive).


    Zitat von EED

    Artikel 2
    39. „KWK-Kleinstanlage“ eine KWK-Anlage mit einer Höchstkapazität von weniger als 50 kWel;

    Gruß,
    Gunnar

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  • iMSYS ist klar ab 7KW oder 6000kWh Verbrauch geregelt, aber unter dieser Grenze sind "intelligente Zähler" gefordert - ist damit auch RLM gemeint oder nur elektronische "Monster" Zähler? Sollen diese Zähler fern ausgelesen werden oder nur wie bislang Quartals oder Jahresweise?? Werden nur Zählerstände aus-/abgelesen oder Zählergänge??

    Das BMWi-Eckpunktepapier sagt dazu:

    Zitat von BMWi-Eckpunktepapier

    In einem weiterenSchritt sollen diese Zähler nun verstärkt mit Informations- und Kommunikations-Technologie (IKT) zur Informationserfassung über Fernkommunikation, aber auch zurSteuerung erweitert werden.


    Zu unterscheiden sind dazu der intelligente Zähler (iZ) und das intelligente Messsystem(iMSys). Der iZ ist auch ein sogenannter Basiszähler, der im Wesentlichen ein digitalesStrom-Messsystem das spezifizierte Schnittstellen beinhaltet (sic!).


    Jeder iZ, der in Zukunftdie Spezifikationen erfüllen muss, kann über ein sogenanntes Smart-Meter-Gateway(SMGW) zu einem iMSys erweitert werden. Dieses SMGW kann dann sowohl über dasInternet Daten nach außen übertragen als auch Steuerbefehle empfangen und an dasGebäude weitergeben. Zur Steuerung dient dann gegebenenfalls auch eine zusätzlicheErweiterung, die sogenannte Schalt oder Steuerbox. Über das SMGW können zudemVerbräuche aus mehreren Zählern, auch spartenübergreifend (also beispielsweiseStrom, Gas, Wärme und Wasser), aufgenommen und übertragen oder über eine lokaleSchnittstelle im Gebäude oder über das Internet visualisiert werden.

    Über eine mögliche RLM-Fähigkeit der iZ lässt sich das BMWi nicht aus, aber beim Bund der Energieverbraucher ist zu lesen:

    Einfache „intelligente Zähler“ (iZ) mit SLP-Messung sollen den Verbraucher jährlich maximal 20 Euro kosten und ab 2017 regulär verbaut werden. Bis 2032 sollen die rund 40 Mio. bestehenden Zähler in Deutschland sukzessiv gegen iZ ausgetauscht werden.

    SLP steht für Standardlastprofil (Last nicht gemessen, sondern aus Standardprofilen abgeleitet). Ein einfacher iZ misst demnach also nichts anderes als das, was jeder Ferraris-Zähler mit Baujahr Anno Tobak auch messen kann.


    So wie sich das anhört, ist der "intelligente Zähler" (iZ) alles andere als intelligent. Das einzige was er kann ist Stromflüsse elektronisch zu messen: Wenn ich das BMWi-Papier richtig lese, kann ein einfacher iZ die gemessenen Daten nicht einmal übertragen. Die Zusatzfähigkeiten erhält er erst durch das teure SMGW.

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

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    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Bevor man sich allzu willfährig, wenn auch meckernd, messtechnisch an die "negativen Preise" anpasst, sollte gerade an einem solchen Platz wie diesem BHKW-Forum durchaus einmal das Zustandekommen der "negativen Preise" analysiert und hinterfragt werden.


    Es lohnt sich in diesem Zusammenhang, einmal die "Transparenzseite" der Strombörse EEX und dort den Verlauf der Stromerzeugung zusammen mit den resultierenden Preisen - wohlgemerkt Börsenstrompreisen, nicht Verbraucherstrompreisen - zu hinterfragen.
    siehe https://www.eex-transparency.com/
    Verblüffend ist dabei, dass die Strompreise dann am niedrigsten sind, wenn die Netzlast am höchsten ist.
    Das ist das eigentlich Verblüffende!
    Wobei die Strompreise nur dann niedrig sind, wenn der Strom von Erneuerbaren Energien kommt. An windstillen trüben Wintertagen, wenn die Netzlast praktisch ausschließlich fossil gedeckt wird, ist der Preis nämlich seltsamerweise wieder hoch.


    Und noch eine Information: die Käufer des EEG-Stroms an der Strombörse sind weitgehend die Kraftwerksbetreiber.
    Nun lasst Eure Gehirnzellen rauchen...

    PV Anlage 4,9 kW, 20 * Trina 245W, WR Imeon 9.12, 3-phasig, On/Off Grid

    Batterie Hawker 48V, 575Ah, E-Auto Renault Zoe

  • Noch ein Tip: Man muss die "Transparenzseite" morgens um 1 Uhr aufrufen, nur dann kriegt man die Infos des zurückliegenden Tages komplett.
    Und nachher verschwinden sie im Nirwana der EEX. Zurückliegende Daten sind äußerst schwierig zu erhalten.
    Ist das Transparenz - oder hat da jemand was zu verbergen?

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  • Moin Bernhard,

    Zurückliegende Daten sind äußerst schwierig zu erhalten.

    Würde ich so nicht sagen. Zum Beispiel stellt Fraunhofer/ISE die Daten (auch für zurückliegende Jahre ab einschl. 2011) hier ein:


    https://www.energy-charts.de/index_de.htm


    Der Zusammenhang zwischen Börsenstrompreisen und Stromproduktion wird dort im Menüpunkt "Börsenstrompreise" dargestellt.

    Verblüffend ist dabei, dass die Strompreise dann am niedrigsten sind, wenn die Netzlast am höchsten ist.

    Verblüffend in der Tat, wenn es denn so wäre. :)
    Schau Dir mal die o.g. Grafiken über mehrere Wochen im Sommer und Winter an, dann wirst Du folgende Zusammenhänge erkennen:


    Niedrige Strompreise gibt es zunächst mal regelmäßig nachts und am Wochenende bzw. an Feiertagen, also bei niedriger Netzlast. Das war übrigens immer schon so (Stichwort "Nachtstrom"). Bei hoher EE-Einspeisung können niedrige Strompreise heutzutage auch bei hoher Netzlast auftreten. Negativ werden sie aber erst, wenn bei niedriger Netzlast zusätzlich hohe Einspeisungen von EE auftreten: Nachts naturgemäß nur durch Windkraft, v.a. an Wochenenden und Feiertagen auch mal tagsüber (wo an sich die Netzlast höher ist) durch Photovoltaik, insbesondere wenn gleichzeitig auch noch Wind weht.

    Wobei die Strompreise nur dann niedrig sind, wenn der Strom von Erneuerbaren Energien kommt. An windstillen trüben Wintertagen, wenn die Netzlast praktisch ausschließlich fossil gedeckt wird, ist der Preis nämlich seltsamerweise wieder hoch.

    Das ist korrekt, aber was ist daran "seltsam"? Der Börsenstrompreis richtet sich nach dem teuersten gerade einspeisenden konventionellen Kraftwerk (Stichwort "Merit Order"). Der EE-Strom zählt da nicht mit, weil er zu festen Vergütungen vorrangig eingespeist wird. Wenn also bei hoher Netzlast wenig EE eingespeist wird, müssen viele konventionelle Kraftwerke arbeiten, darunter (neben den "billigen" KKW und BKKW) auch alle SKKW und zumindest ein Teil der sehr teuren Gaskraftwerke. Der Börsenstrompreis richtet sich dann an Letzteren aus und ist entsprechend hoch.

    Bevor man sich allzu willfährig, wenn auch meckernd, messtechnisch an die "negativen Preise" anpasst, sollte gerade an einem solchen Platz wie diesem BHKW-Forum durchaus einmal das Zustandekommen der "negativen Preise" analysiert und hinterfragt werden.

    Da bin ich absolut einverstanden. Es wird ja immer gerne behauptet, dass die EE an den negativen Strompreisen schuld seien. Richtig ist, dass negative Strompreise meistens durch hohe EE-Einspeisung bei niedriger Last ausgelöst werden. Aber bisher ist es - siehe o.g. Website - noch kein einziges Mal vorgekommen, dass das EE-Angebot in Deutschland höher war als die Inlands-Stromnachfrage. Verursacht werden negative Strompreise also nicht durch EE, sondern durch konventionelle Kraftwerke, die bei niedriger Last und hohem EE-Angebot dennoch nicht entsprechend zurückgefahren werden (aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen). Die Schuldigen sind insbesondere Kern- und alte Braunkohlekraftwerke (hauptsächlich aus technischen Gründen), aber leider auch viele Biomasse-Kraftwerke (bei denen nicht die Technik, sondern eine verfehlte Förderpolitik das Durchlaufen wirtschaftlich erzwingt). Und, ja, zum Teil auch KWK und unsere Blockheizkraftwerke, die oft so dimensioniert sind, dass sie wie mein Vitotwin z.B. in den drei Wintermonaten annähernd 24h/Tag und 7 Tage/Woche durchlaufen - egal ob z.B. nachts der Strom (von mir oder im Netz) gebraucht wird oder nicht.


    Nachdem der Ausbau der EE weiter gehen soll und deren stark variierende Einspeiseleistung nun mal von der Natur vorgegeben ist, macht es m.E. durchaus Sinn, über Methoden nachzudenken wie man damit fertig wird. Die Stilllegung der KKW, der überfällige Ausstieg aus der Braunkohleverstromung und eine Korrektur bei der Förderung der Biomasse-Verstromung wird bzw. würde schon mal viel unelastisches Angebot aus dem Markt nehmen, das wird aber auf Dauer nicht ausreichen. Speicherlösungen (einschl. Nutzung der "Speicherseen" in Norwegen) muss und wird es geben, aber die meisten sind sehr teuer und/oder werden aus lokalpolitischen Gründen verhindert.


    Die viel gescholtenen Smart Meter können ein Weg dazu sein, bei Haushalten und Gewerbe sowohl die Nachfrage als auch (im Fall von BHKW) das Angebot besser zu steuern: Nur muss dazu (neben der technischen Machbarkeit) für den Nutzer auch ein wirtschaftlicher Anreiz gesetzt werden. Ich persönlich hätte z.B. nichts dagegen, wenn mein BHKW zukünftig in Zeiten negativer Strompreise zentral abgeschaltet würde. Aus Gründen der Gerechtigkeit würde ich dann nur verlangen, dass ich den Strom, den ich während einer solchen Abschaltung selbst verbrauche, dann auch kostenlos und abgabenfrei(!) aus dem Netz beziehen kann. Technisch wäre das zukünftig mit einem Smart Meter problemlos darstellbar. Lösungen dieser Art sind also eine reine (politische) Willensfrage.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • @sailor773:
    Danke für den Hinweis zu der Fraunhofer Datensammlung. Ich bezogmich mit "schwierig zu erhalten" auf die EEX-Seite.Da waren früher die Basisdaten - allerdings auch umständlich - fürzurückliegende Perioden direkt verfügbar, jetzt kann ich noch nichteinmal eine Tageschart speichern.



    Strompreis <-> Netzlast:
    Die Netzlast ist identisch mit der Erzeugung - und die Lastkurve hat sich in den letzten Jahrzehnten nie wesentlich verändert. Gewerbebetriebe werden für Spitzenlast zur Kasse gebeten, auch Stadtwerke ohne eigene Erzeugung zahlen mehr für Spitzenlast. Vor Einführung der Börsenvermarktung des Stroms war der Tages-Spitzenstrom zeitweise astronomisch teuer.


    Es schmeckt nach Bananenrepublik, wenn der Staat den EE-Stromerzeugern den Strom zu Garantiepreis abkauft (das war die Basis des Erfolgs vor allem der PV!), diesen aber dann zum Preis Null an der Börse anbietet. Und parallel Emissionszertifikate in rauhen Mengen verschenkt, Und die konventionellen Kraftwerksbetreiber als Käufer für den EE-Strom zulässt.
    Das ist ist, wie wenn ich bei EBAY auf mein eigenes Angebot mitbiete, um den Preis hochzutreiben. Dort ist es verboten - an der Strombörse ist es Alltag, nur mit umgekehrten Vorzeichen: Dort pokern die Kraftwerksbetreiber unter Kenntnis der Erzeugungs- und Lastprognosen um möglichst niedrige Einkaufspreise für den Strom - und sie legen dabei ihre eigenen Kraftwerke (auch Gaskraftwerke, Pumpspeicher und Laufwasser) als Einsatz auf den Tisch: "The winner takes it all". Ihr Risiko ist, halt mal einen halben Tag ein Gaskraftwerk laufen lassen zu müssen.


    Das mit den KWK-Anlagen sehe ich ähnlich wie Du. Nur: Die Kostenstruktur ist dort wegen der faktischen Einzelanfertigung der Anlagen so eng, dass diese nur mit sehr langen Laufzeiten überhaupt wirtschaftlich sind. Und höheren Stückzahlen mit industrieller Fertigung stehen die extremen politischen Unsicherheiten entgegen. Warum gehen denn die BHKW-Hersteller reihenweise pleite?


    Speicherlösungen sind m.E. zur Zeit noch völlig überflüssig, insgesamt aber eine reine politische Willensfrage: z.B. sind neue Redox-Flow-Technologien 5 mal energiedichter, billiger, beliebig skalierbar als z.B. Wasserkraft. Abgesehen davon muss der Strom erstmal nach Norwegen und zurück kommen - die Verluste wären immens! Dagegen wäre P2G hocheffizient.
    Nein, das Speicherargument wird vorgeschoben, um den Ausbau der Erneuerbaren zu blockieren.


    Insgesamt ist die deutsche Energiewirtschaft ein riesiger Schlamassel und durchsetzt von Lobbyinteressen - ich sage lieber: mafiöse Strukturen.
    Daran wird das Smart Meter gar nichts ändern! Das gibt nur etwas mehr Überwachungsstaat - es könnte ja einer ein Cannabis-Pflänzchen im Keller züchten...
    Der private Verbrauch ist ziemlich unelastisch - welcher Kühlschrankstecker ist überhaupt erreichbar? - welche Spülmaschine kann zeitgesteuert arbeiten - welche Waschmaschine. Die Neuanschaffung der Geräte (sofern überhaupt in der entsprechenden Ausführung bezahlbar) toppt doc die Stromkostenersparnis bei weitem. Oder gar TV, Computer, Licht???

    PV Anlage 4,9 kW, 20 * Trina 245W, WR Imeon 9.12, 3-phasig, On/Off Grid

    Batterie Hawker 48V, 575Ah, E-Auto Renault Zoe

  • - Die Netzlast ist identisch mit der Erzeugung
    - und die Lastkurve hat sich in den letzten Jahrzehnten nie wesentlich verändert.
    - Gewerbebetriebe werden für Spitzenlast zur Kasse gebeten
    - die konventionellen Kraftwerksbetreiber als Käufer für den EE-Strom zulässt.

    Ich kann mich nicht recht mit Deiner "Verschwörungstheorie" anfreunden denn es gibt keine Verschwörung. Alles was am Strommarkt läuft ist Mathematisch nachvollziehbar - für denjenigen der es wirklich wissen will - die Lobbyisten haben es gar nicht nötig etwas zu verschleiern. Die große Mehrheit der Bevölkerung glaubt lieber Schlagzeilen in der Bildzeitung und weiß nach deren konsum ganz genau das EE Schuld sind am viel zu hohen (Endverbraucher)strompreis.


    Ich habe oben 4 Aussagen von Dir zitiert die ich für falsch halte :


    - die Netzlast ist mitnichten identisch mit der Erzeugung, Netzlast wird durch Verbraucher und Erzeuger in einem bestimmten begrenzten Netzbereich generiert, der Bereich wiederum hat zusätzlich Ein- und Ausspeisepunkte zu anderen Netzbereichen bzw Ebenen.
    - der (Verbrauchs)Lastgang eines EFH hat sich möglicherweise nicht so stark verändert, sobald aber Erzeuger oder andere Verbraucher im Spiel sind, die es vor 20Jahren in dieser Breite nicht gab gilt Deine Aussage nicht mehr
    - jeder Verbraucher der über 100.000kWh Wirkarbeit p.a. verbraucht wird RLM gemessen und darf dann auch zusätzlich zur Arbeit die Spitzenlast bezahlen, das war so und wird wohl auch so bleiben
    - warum sollte ein Kraftwerk ( ausser für Eigenverbrauch der Nebenaggregate ) Strom kaufen ??? Gleichzeitigen Einkauf und Verkauf des physikalisch selben Stromes macht jeder Stromhändler, m.M. dürfen durch die Entflechtung des Marktes weder Netz- noch Kraftwerksbetreiber als Stromhändler auftreten


    MfG

  • Die Geldpumpe von unten nach oben (unter anderem) imStromsektor ist ein Faktum, keine "Verschwörungstheorie".
    Besonders auffällig: Die EEG-Umlage ist in den letzten Jahrendoppelt so stark gestiegen wie die Auszahlungen an dieEEG-Anlagenbetreiber.
    Also hält jemand zwischendrin die Hand auf.
    Der Vermarktungsmechanismus wiederum ist keine Frage derMathematik, sondern der Politik. Zweck siehe oben.
    Der war auch mal anders, bis er (2009) politisch geändert wurde,damit die schwarze-gelbe Lobby gepampert wird.



    "Warum sollte ein Kraftwerk Strom kaufen?" - Ich hattegeschrieben "die Kraftwerksbetreiber" und dieserUnterschied ist signifikant!
    Quelle: ZNER 2014, Heft 1, Artikel Daniel Hölder, ThemaEchtzeitwälzung... Eine Juristenzeitung kann sich keine Verbreitungfalscher Fakten leisten!
    Für die Lieferung von Tages-Spitzenlaststrom kassieren dieKraftwerksbetreiber hübsche Summen von ihren Kunden, insbesondereGewerbe, Handel, Stadtwerke ohne eigene Erzeugung und kleineIndustriebetriebe. Würden sie diesen Strom selbst erzeugen, müsstensie teure Gaskraftwerke anwerfen. Zu beachten: Dieses Geschäft wirdnicht über die Strombörse, sondern über Langfristkontrakte(sogenanntes OTC-Geschäft) abgewickelt.
    Kaufen sie aber den PV-Strom und den Windstrom billig an derStrombörse, dann können sie die Differenz einstecken, ohne selbstden Strom zu erzeugen. Sie kassieren also für den Nichtbetrieb ihrerKraftwerke. Voraussetzung: Sie müssen soviel Fossilstromerzeugen, dass der Spotpreis auf den gewünschten Wert fällt.Cleverle, möchte man sagen!



    Ich könnte noch eine Weile fortfahren, mit geschenktenNetzgebühren, mit Spielchen mit dem Dispatching bzw. Redispatching,mit horrenden Garantie-Renditen der Übertragungsnetzbetreiber...aber das muss nicht alles auf einmal sein.

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  • Moin,

    Also hält jemand zwischendrin die Hand auf.

    solche Aussagen bestätigen das es eine Verschwörungstheorie feinster Couleur ist. Leider lenken Verschwörungstheoretiker vom den eigentlichen Problemen ab und erschweren so deren Lösung.


    https://www.netztransparenz.de…_AusglMechV_Juli_2016.pdf
    https://www.netztransparenz.de…und_Ausgabepositionen.pdf


    Ich habe den zitierten Artikel gesucht und gelesen, Du würfelst da was durcheinander.


    http://www.clens.eu/fileadmin/…g_Hoelder_ZNER_1_2014.pdf


    Die von Dir erwähnte Passage steht unter: D Vorschlag für ein alternatives Wälzungsmodell I. Echtzeitwälzung


    Die Kraftwerksbetreiber liefern nicht an (En)dkunden wie Handel, Gewerbe o.ä. das hat auch nichts mit Spitzenlaststrom zu tun.
    Sie schließen Langzeitkontrakte mit anderen an der Börse tätigen Händlern ab. Sinkt der Marktpreis zu einem bestimmten Zeitpunkt unter Ihre Grenzkosten so drosseln Sie Ihre fossile Erzeugung und kaufen zur Erfüllung Ihrer Langzeitverträge billigen EEG Strom zu.


    Einen überaus positiven Effekt hat der Vorschlag (deshalb gab es über alle Fronten der EE Zustimmung als der Artikel erschien): durch abschalten/drosseln wird weniger fossiler Strom produziert


    Zu klären bleibt die Frage ob die aktuelle Praxis dem geschilderten Vorschlag entspricht, evt. kann da mal ein Profi Licht ins Dunkel bringen.


    MfG