Lastgangzählung anstatt Kaskade

  • Hallo zusammen,


    wir möchten ein BHKW installieren, verfügen allerdings auch noch über eine PV-Anlage.(BHKW Leistung 90kW, PV-Anlage 110 kWp). Beide Anlagen werden hinter einer Mittelspannungseinspeisung betrieben. Die PV-Anlage verfügt über mehrere Erzeugungszähler, die räumlich in der Liegenschaft getrennt sind. Das BHKW soll in Eigenverbrauch genutzt werden. Eine Kaskadenanordnung der Zählungen ist durch die räumliche Anordnung der Anlagen nicht möglich. Hat jemand Erfahrung mit der praktischen Umsetzung von Lastgangmessungen, um die mögliche getrennte Erfassung einer Netzrückspeisung in das VNB-Netz nach BHKW und PV zu erfassen ??? Gibt es hier Software Lösungen, die das Smart Metering unterstützen und eine sichere Abrechnung gegenüber VNB gewährleisten ???


    Danke.

  • Guten Morgen,


    ich denke es gibt hier im Forum nur wenige die sich mit solchen Anlagengrößen auskennen. M.M. wäre für Euch ein Mesßstellenbetreiber das richtige, er verfügt über die Software zur Abrechnung und conformen Einspeisung der Daten ins System des VNB.


    Die möglichen Meßanordnungen werden hier beschrieben https://www.clearingstelle-eeg.de/node/1990


    wobei hier der Anhang 4.9 wohl für Euren spezieller Fall gilt https://www.clearingstelle-eeg…s/2011-2-2_Empfehlung.pdf


    Grüße

  • wir möchten ein BHKW installieren, verfügen allerdings auch noch über eine PV-Anlage.(BHKW Leistung 90kW, PV-Anlage 110 kWp). Beide Anlagen werden hinter einer Mittelspannungseinspeisung betrieben. Die PV-Anlage verfügt über mehrere Erzeugungszähler, die räumlich in der Liegenschaft getrennt sind. Das BHKW soll in Eigenverbrauch genutzt werden.


    Wesentlich für die Optimierung des Gesamtkonzepts ist die Frage, wann die PV-Anlage oder Teilanlagen in Betrieb genommen wurden. Alle zum selben Zeitpunkt, oder sind die 110 kWp Schritt für Schritt dazu gekommen? Können die Anlagen auch zum Eigenverbrauch genutzt werden? Weil das 90 kW BHKW zusammen mit dem bisher installierten PV-Anlage nun zusammen über 100 kVA gross ist, muss es als Mittelspannungsanlage abgenommen werden und die Vorgaben der BDEW-Mittelspannungsrichtlinie erfüllen.


    Zitat

    Eine Kaskadenanordnung der Zählungen ist durch die räumliche Anordnung der Anlagen nicht möglich. Hat jemand Erfahrung mit der praktischen Umsetzung von Lastgangmessungen, um die mögliche getrennte Erfassung einer Netzrückspeisung in das VNB-Netz nach BHKW und PV zu erfassen ?


    Bei größeren Anlagen, die auch über eine Kundenanlage verteilt sind, kann man dennoch eine gewillkürte Aufteilung des eigenerzeugten Stroms in erzielen. Dazu braucht man einen Lastgangzähler am abrechnungsrelevanten Zählpunkt und für die Erzeugungszähler von PV + BHKW auch Lastgangzähler. Falls die PV-Erzeugungsmessstellen zu klein und viele sind, geht auch eventuell ein Arbeitszähler, und man Verteilt die Energie der Periode über Einspeiseprofile auf die Viertelstunden. Dann hat man am Abrechnungsrelevanten zählpunkt die Stromimporte und -exporte, und man kann im Rahmen der Bestabrechung per Willenserklärung festlegen, welcher Eigenstrom bevorzugt verbraucht werden soll.


    Also z.B. Zuerst KWK-Strom zur Eigenbedarfsdeckung, dann PV-Strom: das ergibt im Excelsheet nun drei Zeilen von messdaten: Abrechnungsrelevanter Zählpunkt, Produktion von KWK-Strom und Produktion von PV-Strom innerhalb der Kundenanlage. Mit ein wenig Plus und Minusrechnerrei, sowie der max / min Funktion kann man dann herausbekommen, welche KWK und PV Mengen nun ins Netz eingespeist worden sind und welche zur Eigenversorgung nutzbar wären. Dazu braucht man aber die Angaben, wie die PV-Anlage in Bezug auf die Eigenversorgung zu werden ist.


    Gruß,
    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

  • Hallo Gunnar,


    Vielen Dank für Ihre interessante Antwort.


    Wie erfolgt denn die gewilkürte Aufteilung des eigenerzeugten Stromes ? Unsere PV - Anlagen speisen niederspannungsseitig an vier Stellen in das Netz der Liegenschaft ein. Die PV-Anlagen sind alle so angemeldet, dass 100 % Volleinspeisung erfolgt.


    Wie kann mit dem VNB die Bestabrechnung per Willenserklärung erfolgen ?


    Also müsste doch in unserer Konfiguration auf den Zweirichtungszähler in der Übergabe die PV bilanziell hinzu addiert werden und anschließend die Erzeugung des BHKW positiv oder negativ bewertet werden ?? Ist das so einfach ?


    Der VNB wollte auf diesen Gedanken so recht nicht einsteigen, weil die Grundgebühr der Lastgangzählung den Gewinn auffrist.


    Ich denke, dass die PV nur über reine Arbeitszähler gezählt wird. Kann dann ein Standardprofil für den Standort hinterlegt werden ?


    Wer kann denn die Plus-/Minusrechnung der Verbräuche übernehmen? Der VNB oder ein separater Messstellenbetreiber ?


    Danke und schönen Gruß
    Dirk

  • Moin,


    ich denke jeder Ein-/Auspeisepunkt muß hier mit RLM ausgestattet werden, steht auch so im verlinkten Dokument der Clearingstelle.


    Jeder VNB ist auch Meßstellenbetreiber, also nur eine Frage des Preises ob er oder ein Freier Dienstleister das übernimmt.



    Grüße

  • Wie erfolgt denn die gewilkürte Aufteilung des eigenerzeugten Stromes ?


    Man muss eine Willenserklärung abgeben, welchen Strom man lieber selber verbraucht und welchen man lieber einspeist.


    Zitat

    Unsere PV - Anlagen speisen niederspannungsseitig an vier Stellen in das Netz der Liegenschaft ein. Die PV-Anlagen sind alle so angemeldet, dass 100 % Volleinspeisung erfolgt.


    Sind die 4 PV-Zähler klein und nur Arbeitszähler, oder schon so groß, dass es RLM-Zähler sind?


    Die Volleinspeisung soll auch so bleiben: kein eigenverbrauch von PV-Strom? Dann ist es doch recht einfach.


    Zitat

    Wie kann mit dem VNB die Bestabrechnung per Willenserklärung erfolgen ?


    Papier, Ort, Datum, Text, Unterschrift - fertig. Und noch ein Schema zum Abrechnen der Kundenanlage, wenn der Messstellenbetrieber das nicht alleine hinbekommt.


    Zitat

    Also müsste doch in unserer Konfiguration auf den Zweirichtungszähler in der Übergabe die PV bilanziell hinzu addiert werden und anschließend die Erzeugung des BHKW positiv oder negativ bewertet werden ?? Ist das so einfach ?


    Ja. Für alle 8760 x 4 Viertelstundenwerte (entweder vom RLM, oder vom Arbeitszähler x PV-Einspeiseprofil) gibt es den Wert vom 2-Richtungszähler 2RZ am abrechnungsrelevanten Zählpunkt. Aufgrund der kaufmännisch bilanziellen Durchleigung des PV-Stroms gibt es einen virtuellen Zählpunkt für die PV-Einspeisung, der die vier PV-Zähler umfasst. Der Rest 2RZ-4PV ist die Kundenanlage. Positive Zählwerte sind üblicherweise Verbrauch, negative Einspeisung. Wenn du nun ein BHKW installierst, dann ist das für die Einspeisung zuständig, die am virtuellen Zählpunkt (Kundenanlage ohne PV) gemessen wird.


    Zitat

    Der VNB wollte auf diesen Gedanken so recht nicht einsteigen, weil die Grundgebühr der Lastgangzählung den Gewinn auffrist.


    Was hast du jetzt für Zähler (mit Wandlung oder ohne?)


    Zitat

    Ich denke, dass die PV nur über reine Arbeitszähler gezählt wird. Kann dann ein Standardprofil für den Standort hinterlegt werden ?


    Theoretisch schon. Es gibt die sogenannten MABIS-Zeitreihen SOL SOT SOP SOS.


    Zitat

    Wer kann denn die Plus-/Minusrechnung der Verbräuche übernehmen? Der VNB oder ein separater Messstellenbetreiber ?


    Das sollte der Messstellenbetrieber können. Wenn es irgendwo ein Pingel sitzt, wird der ggf. sagen, dass innerhalb der Kundenanlage auch bei Rückspeisung Verluste auftreten, die dann nicht bilanziert werden. Darauf kann man antworten, dass der abrechnungsrelevante Zählpunkt ja alles misst, was real zurückgespeist wird und auch die Verluste unter dem Blickpunkt der Verhältnismäßigkeit zu betrachten sind.


    Gruß,
    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

  • ich denke jeder Ein-/Auspeisepunkt muß hier mit RLM ausgestattet werden, steht auch so im verlinkten Dokument der Clearingstelle.


    Das kommt auf die Größe des Netznutzers an. Wenn ich mich recht erinnere gab es irgendwo die Klarstellung dass bei einem zentralen Zählpunkt mit RLM, die Unterzähler für die Variante nach KWKG §4(3b) eben nicht RLM sein müssen, sondern im Fall des Mehrfamilienhauses Arbeitszähler reichen. Wenn man die zusammenfasst und dann mit Unterzählern die Kundenanlage bedient, kann der Summenzähler dann RLM werden, aber die die Zähler für die WEs eben nicht. Die durften nach wie vor mit Standardlastprofilen umgelegt werden.


    Gruß,
    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

  • Moin Gunnar,


    ja sehe ich auch so, in der Wohnwirtschaft wo einzelne WE sowieso nach SLP H0 "berechnet" werden ist ein Zentraler RLM Zähler ausreichend.


    Aber hier gehts um ein Industrieobjekt ( mit BHKW 90KW und glaube 4PV zusammen 100KWp ) ohne zentralen Zähler!! Der soll ja virtuell gebildet werden, das geht bei dieser größe m.M. nur wenn die Einzelzähler RLM - oder gar Smartmeter - sind. Wenn dann noch 2 verschiedene Netzzugangspunkte ins Spiel kommen ist der VNB sicher überfordert. Im Grunde müsste ja die durchs Mittelspannungsnetz durchgeleitete Energie auch mit Gebühren belegt werden!


    Grüße

  • Aber hier gehts um ein Industrieobjekt ( mit BHKW 90KW und glaube 4PV zusammen 100KWp ) ohne zentralen Zähler!


    Nochmal die Frage zur Bestätgung an Dirk:
    Der Betrieb hat einen Netzanschlusspunkt, mit RLM-Zähler?
    Die vier verteilten PV-Anlagen (insgesamt 110 kW) werden jeweils über Arbeitszähler abgerechnet?
    Wie groß sind die PV-Anlagen jeweils? Wann sind sie in Betrieb genommen worden?


    Zitat

    § 11 Abnahme, Übertragung und Verteilung
    (1) Netzbetreiber müssen vorbehaltlich des § 14 den gesamten Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas, der in einer Veräußerungsform nach § 20 Absatz 1 veräußert wird, unverzüglich vorrangig physikalisch abnehmen, übertragen und verteilen. Macht der Anlagenbetreiber den Anspruch nach § 19 in Verbindung mit § 37 oder § 38 geltend, umfasst die Pflicht aus Satz 1 auch die kaufmännische Abnahme. Die Pflichten nach den Sätzen 1 und 2 sowie die Pflichten nach § 4 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 4 Satz 2 des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes sind gleichrangig.
    (2) Absatz 1 ist entsprechend anzuwenden, wenn die Anlage an das Netz des Anlagenbetreibers oder einer dritten Person, die nicht Netzbetreiber ist, angeschlossen ist und der Strom mittels kaufmännisch-bilanzieller Weitergabe in ein Netz angeboten wird.


    Quelle: EEG 2014, aber die älteren Varianten hatten auch so einen Passus, wenn ich mich recht erinnere. Beschrieben wird die kaufmännisch bilanzielle Durchleitung aus der Kundenanlage raus. Im KWKG wird die kaufmännisch bilanzielle Durchleitung in die Kundenanlage rein beschrieben. Wo ist da der prinzipielle Unterschied bis auf die Tatsache, dass ein Vorzeichendreher vorliegt?


    Zitat

    § 4 Anschluss-, Abnahme- und Vergütungspflicht (KWKG 2012)
    (3b) Anschlussnehmer im Sinne des § 1 Abs. 2 der Niederspannungsanschlussverordnung, in deren elektrische Anlage hinter der Hausanschlusssicherung Strom aus KWK-Anlagen eingespeist wird, haben Anspruch auf einen abrechnungsrelevanten Zählpunkt gegenüber dem Netzbetreiber, an dessen Netz ihre elektrische Anlage angeschlossen ist. Bei Belieferung der Letztverbraucher durch Dritte findet eine Verrechnung der Zählwerte über Unterzähler statt.


    Gruß,
    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)