Potentiale und Dimensionen - die Rolle von Mieterstrom in der Zukunft

  • Hey,


    der Trend Mieterstrom ist noch eine junge Pflanze, großgezogen und zurechtgewiesen durch politische Rahmenbedingungen.


    Wie schätzt ihr die weitere langfristige Entwicklung von Mieterstrom, auch im Hinblick auf die derzeitige Debatte um die KWKG Novelle, ein? Werden zukünftig alle großen Mietshäuser - die für Mieterstrom in Frage kommen - auf diese Variante setzen? Können auch örtliche Erzeuger in Zukunft in das Modell eingebunden werden - oder werden viele aussterben?


    Wenn sehr viele Leute dezentral produzieren, und öffentliche Netze entlasten - kann diese Entlastung so stark sein dass die öffentliche Netze davon Schaden nehmen? ?( :whistling:


    Ich bin sehr an eurer Meinung interessiert!


    Liebste Grüße!

  • Wie schätzt ihr die weitere langfristige Entwicklung von Mieterstrom, auch im Hinblick auf die derzeitige Debatte um die KWKG Novelle, ein? Werden zukünftig alle großen Mietshäuser - die für Mieterstrom in Frage kommen - auf diese Variante setzen?

    Sicher nicht alle, aber viele - jedoch nur dann, wenn Mieterstrom (d.h. Strom, der vom Anlagenbetreiber an Dritte verkauft wird ohne über ein öffentliches Netz zu gehen) gesetzlich (d.h. abgabenrechtlich) dem Eigenverbrauch durch den Betreiber gleichgesetzt wird. Dazu fehlt es aber - zumindest derzeit - ganz offensichtlich am politischen Willen, bzw. die Lobbyisten in Kommunen und Energiewirtschaft haben das bislang erfolgreich abgeblockt.


    Können auch örtliche Erzeuger in Zukunft in das Modell eingebunden werden - oder werden viele aussterben?

    Meinst Du örtliche Versorger, z.B. Stadtwerke? Die könnten ihr Geschäftsmodell langfristig anpassen bzw. erweitern - beispielsweise eingespeisten Strom von aus der Förderung gefallenen EEG- und KWK-Anlagen lokal günstig einkaufen und an örtliche Verbraucher weiterverkaufen, die statt BHKW eine Wärmepumpe betreiben. Dass die örtlichen Versorger aussterben, kann ich mir nicht vorstellen. Dafür gibt es auch zukünftig zu viele Häuser, die sich für eine PV-Anlage nicht eignen (Schatten, Denkmalschutz etc.) und/oder kein BHKW bekommen, weil dort schon Fernwärme liegt, der Strom- oder Wärmebedarf nicht passt oder die Eigentümergemeinschaft sich nicht einigen kann.


    Wenn sehr viele Leute dezentral produzieren, und öffentliche Netze entlasten - kann diese Entlastung so stark sein dass die öffentliche Netze davon Schaden nehmen?

    Wenn sie die Netze tatsächlich "entlasten" (dazu gehört langfristig eine bessere Regelung und/oder Speicherung), wie soll davon das Netz Schaden nehmen? Das Netz brauchen wir - ggf. in einer umgebauten Form - bei einer dezentralen Versorgung nötiger denn je, weil die meisten Prosumer auch zukünftig gelegentlich mal Strom einspeisen und gelegentlich auch mal Strom beziehen müssen, selbst wenn ein Speicher da ist. Das Netz wirkt für die vielen dezentralen Anlagen als Puffer und reduziert so den Speicherbedarf gewaltig. Das gilt natürlich nur dann, wenn die Prosumer auch weiterhin am Netz bleiben und nicht durch unsinnige steuer- und abgabenrechtliche Regelungen in den Inselbetrieb (mit Heizstäben im Pufferspeicher und ähnlichem Zeug, und womöglich einem Dieselgenerator für die Spitzenlast ;-_ ) getrieben werden. So eine Entwicklung wäre m.E. ein technischer Rückschritt und eine gigantische Verschwendung von Ressourcen.


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • Das gilt natürlich nur dann, wenn die Prosumer auch weiterhin am Netz bleiben und nicht durch unsinnige steuer- und abgabenrechtliche Regelungen in den Inselbetrieb (mit Heizstäben im Pufferspeicher und ähnlichem Zeug, und womöglich einem Dieselgenerator für die Spitzenlast) getrieben werden. So eine Entwicklung wäre m.E. ein technischer Rückschritt und eine gigantische Verschwendung von Ressourcen.


    FULL ACK!


    Die Rahmenbedingungen sollen eher so gestrickt werden, dass sich der Stromaustausch übers Netz lohnt, weil das nur ein paar Prozent Verluste kostet und auch billiger ist als ein stationärer Batteriespeicher. Erst wenn das Netz schon alles im Raum austauscht, was geht, sollte man den Energieaustausch in der Zeit intensivieren. Dabei ist auch der ESOI = Energy Stored in Energy Invested, also "Erntefaktor für Speicher" zu beachten, d.h. das Verhältnis von durchgesetzter Elektroenergie bis der Speicher als kaputt gilt zum kumulierten Energieaufwand. Der liegt bei guten Li-Batterien in der Größenordnung von 10, die klassischen Pumpspeicher (unsexy) haben einen Wert von >200.


    Gruß,
    Gunnar