Energie Messung nach VDI 2077/3.1 kontraproduktiv zu EnEV ?

  • Das werden wir nun nochmals versuchen. Der Contractor hat ja auf unseren Vorschlag nicht reagiert. Jetzt bekommen wir eine Unterstützung
    durch einen Sachverständiger der zu einem ähnlichen Resultat gekommen ist:
    Separate Heizungsreglung im sekundär Kreis mit Pumpenabschaltung.
    Leider geht so etwas ganz, ganz langsam. Zunächst muss eine Sonderversammlung der 32 Eigentümer damit einverstanden sein, dass der
    Gutachter mit dem Verwalter versucht diese Maßnahmen bei dem Contractor durchzusetzen.
    Recht haben und Recht bekommen sind eben ganz verschiedene Stiefeln.

  • Moin,


    was hat der Contraktor mit Eurer Heizungsanlage zu tun?? Im Normalfall nichts !! Deshalb muß die Sonderversammlung m.M. nur beschließen die Heizungssteuerung/Pumpen/Mischer auf Vordermann zu bringen. Allerdings solltet Ihr vorab den Wärmeliefervertrag prüfen nicht das es am Ende noch teurer wird weil er zb. den Preis pro Wärmeeinheit beliebig hoch ansetzen kann !!


    Wie schon so oft in den Antworten geschrieben, Ihr habt weniger ein technisches vielmehr ein Vertrags(rechtliches) Problem!


    Grüße

  • Das neue, moderne BHKW verbraucht jedoch in den ersten zwei Jahren jeweils über 28 % mehr Energie gegenüber der alten, weit überdimensionierten Ölheizung. Wir sollen uns auf diesen Verbrauch einstellen.


    Was für ein BHKW wurde da verbaut? Wie groß ist die Spitzentherme und wie groß war der alte Ölkessel?


    Habe ich das richtig verstanden, dass ihr nur die KWK-Wärme aus dem BHKW abnehmt und der KWK-Strom ins Netz eingespeist wird?


    Die VDI 2077 Blatt 3.1 zur Ermittlung der umlagefähigen Wärmeerzeugungskosten von KWK-Anlagen ist aus meiner Sicht ein struktureller Fehlgriff. Im Kern dieser Regelung wird elektrische Energie als gleichwertig angesehen wie thermische Energie, und das widerspricht dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik.


    Der Brennstoffanteil für den KWK-Strom B_KWK,el wird nach dieser Richtlinie wie folgt berechnet


    B_KWK,el = B_KWK x (W_KWK / (W_KWK + Q_KWK))


    B_KWK ist der Brennstoffbedarf des KWK-Anlage (Input)
    W_KWK ist die elektrische Arbeit (Output)
    Q_KWK ist die Nutzwärme (Output)


    der Rest B_KWK - B_KWK,el ist der Brennstoffanteil für die Nutzwärme.


    Gemäß dem Bruch in der Gleichung wird eine kWh Strom genauso behandelt wie eine kWh Wärme und das ist physikalischer Humbug. Diese Richtlinie müsste überarbeitet werden und in einigen Kern-Gleichungen sollte die Wertigkeit von thermischer im Vergleich zu elektrischer Energie richtig wiedergegeben werden. Solch eine Aufteilung heisst dann exergiebasierte Aufteilung, weil die Energien gemäß ihrem exergetischem Wert, d.h. nach ihrer Arbeitsfähigkeit, bewertet werden. Solch eine Aufteilung wurde auch gemäß dem "Erfinder der Thermodynamik", Sadi Carnot, Carnot-Methode genannt.


    Wärme aus einer KWK-Anlage hat pi mal Daumen einen Primärenergiefaktor von rund 0,5, somit sollte auch die Wärme eines KWK-Prozesses nur halb so viel Kosten wie der Brennstoff, der dort verheizt wird. Wenn man das anders macht, und die aus meiner Sicht ungeeignete kalorische oder energetische Methode zur Aufteilung der Kosten nutzt, dann wird zu viel auf die Wärme gewälzt und der Strom kommt relativ billig weg, obwohl er das höherwertige Produkt ist (auch im physikalischen Sinne). Wenn 1:1 (1 kWh_th = 1kWh_el) die Brennstoffkosten auf die beiden Outputenergien gewälzt werden, dann ist keine Kostenersparnis erzielbar, weil auch noch die sonstigen variablen Betriebskosten (Wartung) nach dem selben Schema verteilt werden. Damit wird dann auf die Wärme am Ende ein höherer Kostensatz verteilt als wenn man nur einen Kessel (ohne deutliche Wartungskosten) einsetzt.


    Die Carnot-Methode als exergiebasierter Ansatz ist die physikalisch korrekte Methode nicht nur zur Allokation von Kosten, aber auch von CO2-Emissionen und Primärenergien.


    Gruß,
    Gunnar



    PS.
    Wenn Du willst, das sich das ändert, muss man an den VDI schreiben, die Sachlage bemängeln (Ignoranz des zweiten Hauptsatz der Thermodynamik) und eine Überarbeitung der Richtlinie beantragen. Der Witz ist, dass eine andere VDI-Richtlinie zur Bewertung der KWK schon die exergiebasierte Aufteilung beschreibt.

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)

  • Hallo,


    bei der Abrechnung nach VDI 2077 Blatt 3.1 wird die sog. kalorische Methode angewendet, d.h. eine kWh Wärme wird wie eine kWh elektrische Energie behandelt. Dies ist thermodynamischer Unsinn, da mit mit solch einer "Tauschregel" ein kWh Wärme in eine kWh Elektroenergie tauschen könnte und dann in einem Geheimlabor mit einer Zaubermaschine namens Wärmepumpe aus einer kWh elektrisch z.B. drei kWh termische wandeln könnte. Diese 3 kWh thermisch könnte man wieder auf dem Marktplatz gemöß der kalorischen Regel in 3 kWh elektrisch tauschen, usw, was eine Art von Perpetuum Mobile wäre.


    Darum gibt beim VDI auch schon ein Richtlinie, welches die sog. Carnot-Methode = exergetischer Aufteilungsschlüssel beschreibt. Somit wird eine Energieform mit ihrem exergetischen Wert bewertet, d.h. inwieweit man Arbeit damit verrichten kann. Für mechanische und elektrische Energie ist dies 1, und bei der Wärme hängt es vom Temperaturniveau ab. Dies ist auch logisch, da Wärme bei hoher Temperatur mehr Arbeit leisten kann als bei niedrieger Temperatur: die Arbeitsfähigkeit hängt vom Carnot'schen Wirkungsgrad ab, der temperaturabhängig ist.


    Meine Argumentation, die Carnot-Methode auch in der VDI 2077-3.1 statt der kalorischen Methode zur Brennstoffallokation einzuführen, hat drei unterschiedliche Aspekte:


    1. Die Physik
    Gemäß dem 2. Hauptsatz ist die Wertigkeit von Energien vergleichbar, wenn man sie ineinander überführen kann.


    2. Formalien der Richtlinienarbeit
    Das Normenwerk des VDI sollte widerspruchsfrei sein, d.h. die Methode zur Brennstoffaufteilung auf die Produkte Strom und Wärme sollte nicht in der einen Richtlinie so und in der anderen Richtlinie anders geregelt sein.


    3. Soziale Gerechtigkeit
    Mit der kalorischen Methode ist die kWh elektrisch gleich teuer wie die kWh thermisch. Wärme wird also künstlich verteuert durch eine fehlerhalfte Allokationsmethode. Sofern eine Partei nur die Wärme nutzt, subventioniert sie die Partei, die den Strom nutzt. (Wenn beide dieselben sind, ist es egal.) Sofern aber nur jemand die Wärme aus dem BHKW bezieht, wird die Wärme vergleichsweise teuer und auch eine Interessentengruppe hat kein interesse daran, günstige KWK-Wärme aus einem BHKW zu beziehen statt aus einem Kessel, weil der Preis nicht stimmt.


    Könnt ihr dieser Argumentation folgen oder werden zur Meinungsbildung noch weitere Argumente gebraucht?


    Gruß
    Gunnar

    Ist die Wärme kraftgekoppelt, wird die Energie gedoppelt. (Ulli Brosziewski)