Umsatzsteuerpflicht trotz Kleinunternehmereigenschaft

  • Auf den selbst genutzten Strom zahlen Kleinunternehmer Umsatzsteuer - jedenfalls wenn es nach dem Willen der Finanzverwaltung geht. Steuerfrei sind Lieferungen und der Eigenverbrauch. Im Fall der fiktiven Hin- und Rücklieferung liegt der beim Strom aber nicht vor. Bei der fiktiven Rücklieferung des eigenen Stroms wird Umsatzsteuer berechnet.


    Die von der Finanzverwaltung angenommene fiktive Hin- und Rücklieferung soll die Annahme eines Eigenverbrauches verhindern, da fiktiv aller Strom an den VNB geliefert wird (Hinlieferung). Dieser liefert den Strom im Umfang des selbst genutzten Stroms zurück (Rücklieferung). So weit, so schlecht.
    VNB sind keine Kleinunternehmer. Auch beim »Eigenverbrauch« durch Kleinunternehmer entsteht also Umsatzsteuer bei der Rücklieferung. Der KU zahlt Umsatzsteuer für eine Sache, bei deren Herstellung er keinen Vorsteuerabzug hatte. Es entsteht Umsatzsteuer aus dem Nichts. Das entspricht nicht dem Gedanken der Mehrwertsteuer.


    Nutzt oder entnimmt der Unternehmer einen ohne Vorsteuerabzug erworbenen Gegenstand, entsteht keine Umsatzsteuer. Bei Entnahme eines PKW ist dies unstreitig. Bei der Stromnutzung liegt doch kein anderer Sachverhalt vor.


    Die Fiktion der Hin- und Rücklieferung ist lediglich von der Finanzverwaltung aufgestellt und hat keine Gesetzesgrundlage.


    Für »neue« PV-Anlagen gab die Verwaltung die Fiktion mit Verfügung des BMF v. 19. September 2014 folgerichtig auf. Sie gilt nur für PV-Anlagen, bei denen der Eigenverbrauchsbonus weiterhin gezahlt wird. Die Lieferfiktion diente als Hilfskonstruktion zur Abwicklung der Förderung.


    Die Fiktion der Hin- und Rücklieferung gilt bekanntlich auch bei der Stromproduktion mit Blockheizkraftwerken. Auch hier ist Voraussetzung, dass eine Förderung nach dem KWKG erfolgt. Die Fiktion gilt also nicht in allen Fällen.


    Müssen wir bei der Umsatzbesteuerung der fiktiven Rücklieferung nun nach geförderten und nicht geförderten Anlagen bzw. alten und neuen PV-Anlagen unterscheiden? Nach dem Willen des Finanzministers schon. Das führt aber zur unterschiedlichen Besteuerung sachlich gleich gelagerter Fälle. Und soll eine reine Verwaltungsfiktion dazu führen, dass Kleinunternehmer abweichend vom klaren Gesetzeswortlaut und Gesetzeswillen Umsatzsteuer für selbst erzeugte Dinge schulden?


    Haben wir hier nicht den Musterfall für eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO? Ein klassischer Grund liegt vor, wenn »der Gesetzeswortlaut über den mit dem Gesetzeszweck angestrebten Zweck hinausragt«. Dann wird sogar vom Gesetz abgewichen und nicht von einer Verwaltungsfiktion.
    Selbst der Erlass vom 19. September ist dem Gedanken an Billigkeitsmaßnahmen zur Korrektur eines ungewollten Ergebnisses nicht abgeneigt. Unter Ziff. II 3 a wird - in anderem Zusammenhang- ausdrücklich auf Billigkeitsmaßnahmen hingewiesen.


    Unschön ist, dass die Steuer vom VNB und nicht durch das Finanzamt gefordert wird. Man führt einen zivilrechtlichen Streit über eine steuerliche Frage. Das erschwert die Diskussion mit dem Zuständigen.


    Hat schon ein Kleinunternehmer aus der Runde mit dem VNB oder dem Finanzamt über die Umsatzsteuer auf die Rücklieferung gestritten? Wie waren Ihre/Eure Erfahrungen?



    Viele Grüße

  • Moin

    Hat schon ein Kleinunternehmer aus der Runde mit dem VNB oder dem Finanzamt über die Umsatzsteuer auf die Rücklieferung gestritten?

    das bedingt ja erstmal das der VNB diese Umsatzsteuer einfordert, für was denn?? Für den Strom den ich an Ihn geliefert habe kann er von mir keine Umsatzsteuer fordern sondern nur vom Endkunde. Für den Strom den er an mich als Endkunde geliefert hat bekam er seine Steuer schon von mir gezahlt. Bleibt also keine kWh übrig :?:


    Grüße

  • Der KU zahlt Umsatzsteuer für eine Sache, bei deren Herstellung er keinen Vorsteuerabzug hatte.

    Der KU zahlt die Umsatzsteuer doch i.d.R. nicht in seiner Eigenschaft als Unternehmer, sondern als Endkunde, der den Strom in seinem Haushalt (end-) verbraucht. Ich kann daran nichts Schlimmes finden, denn wenn er den Strom woanders bezogen hätte (z.B. beim Grundversorger), müsste er ja auch USt bezahlen.


    Dass der KU den Strom vorher selbst hergestellt hat, ist belanglos, denn er gehört ihm ja nicht mehr: Er hat ihn doch vollständig an den VNB verkauft. Dass er seinerseits dafür keine USt eingenommen hat, liegt daran, dass er KU ist. Außerdem müsste er die USt doch nur an das FA abführen - kann ihm insoweit also egal sein.


    (Den Sonderfall, dass der KU neben dem BHKW ein "richtiges" Unternehmen betreibt und dafür den Strom verwendet, lass' ich mal außen vor - dürfte auch bei max. 17.500 EUR Umsatz eher ein seltener Fall sein.)


    Im Übrigen ist es m.E. bei der USt auf die fiktive Rücklieferung völlig Banane, ob der BHKW-Betreiber Kleinunternehmer ist oder nicht - jedenfalls solange der "rückgelieferte" Strom in seinem Privathaushalt verbraucht wird. Auch als "Großunternehmer" könnte er die darauf gezahlte USt dann nicht als Vorsteuer geltend machen.


    Für den Privatverbraucher mit BHKW ist die Fiktion eindeutig die bessere Regelung, denn dadurch zahlt er die USt als Privatmann nur auf den Wert der Rücklieferung (also auf die ca. 5 ct/kWh netto) und nicht auf den sonst anzusetzenden Marktpreis (18-25 ct/kWh netto). Ich kann jedenfalls aus dem aktuellen Schreiben der Finanzbehörden nichts anderes herauslesen.


    Insofern verstehe ich Dein Problem nicht: Die Regelung ist doch ein Vorteil und kein Nachteil. Ich würde jedenfalls den Teufel tun und mit dem Finanzamt darüber streiten, ob die Regelung rechtens ist.

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

  • (also auf die ca. 5 ct/kWh netto)

    yepp, und das nicht an den VNB sondern ans FA und gut is.


    Hast Du die 5Cent nur als Beispiel genannt?? Mein VNB hat den EEX also KWK-Index angesetzt und auch aufs Quartal genau berechnet.


    Grüße

  • Hast Du die 5Cent nur als Beispiel genannt?? Mein VNB hat den EEX also KWK-Index angesetzt und auch aufs Quartal genau berechnet.

    Natürlich nur als Beispiel. Mein VNB setzt auch quartalsweise den KWK-Index an, also aktuell 3,482 ct/kWh. Die vNNG waren auf unserer letzten Abrechnung 0,83 ct/kWh (2013). Was hier 2014 oder gar 2015 rauskommt, wird sich zeigen, aber insgesamt dürften es kaum mehr als 4,5 ct/kWh werden. Meine Absicht war nicht, falsche Hoffnungen zu wecken - ich war nur zu faul, um eine "vier komma" vor die 5 ct/kWh zu schreiben .||. .

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