Rechnungskorrektur wegen geänderter Rechtsauffassung USt (Umsatzsteuer)

  • Hallo,


    nach langer Zeit mal wieder ein Beitrag von mir, da ich zwischenzeitlich mein haus sammt Dachs verkauft habe. Trotzdem verfolgt mich das possierliche Tierchen noch bis heute. Aber jetzt erstmal von Anfang:
    - Ich habe Jan 2003 einen Dachs G 5.5. in meinem Haus installiert
    - kein Gewerbe deswegen angemeldet -> Abrechnung alsPrivatperson ohne USt Effekte
    - Netzbetreiber zunächst "Thüga", dann eon Bayern diedann wiederum in bayernwerk umfirmiert haben
    - Abrechnung lief "wie üblich" (mit einigem Hickhack,da jede Rechnung mindestens einen Fehler enthielt) mit eOn im großenund ganzen glatt durch
    - Im Jan 2003 lief die Förderung aus und im Oktober habe ich dasHaus verkauft


    Im Januar 2015 kam dann bayernwerk auf die Idee "wegen Schreibens des BMF vom 14.03.2011" und damit einhergehender "neuer Rechtsauffassung" mir die USt für die Jahre 2009-2013 nachzuberechnen.


    Insgesamt knapp 420€ [Blockierte Grafik: http://bhkw-forum.de/wcf/images/smilies/crying.png]


    Nachdem das ganze für mich nicht nachvollziehbar war und bayernwerk in den letzte Jahren JEDE Rechnung mindestens 1x korrigieren musste (da fehlerhaft) und auf meine Anfragen nicht reagiert hat, habe ich erstmal nicht bezahlt.


    Heute nun - genau ein Jahr später - fällt das sogar der bayernwerk Buchhaltung auf und nun drohen sie direkt mit Anwalt, Inkassobüro und dem sonst so üblichen Horrorszenario [Blockierte Grafik: http://bhkw-forum.de/wcf/images/smilies/smile.png] Meine Erfahrung: Je lauter die Drohung, desto unberechtigter die Forderung


    Was meint ihr dazu?


    Ist eine Rechtsgrundlage für diese Forderung gegeben?


    Vielen Dank im Voraus für Eure Hilfe


    Viele grüße
    Georg


    PS: Ich wollte natürlich das Formum nach dem Thema durchsuchen, bin aber bei jedem "Fund" auf einem "Seite nicht vorhanden" gelandet. Problem neue Forensoftware?

  • Hallo alikante,


    wow, das war schnell :)


    Die der Forderung beigefügten NEUEN Rechnungen je Abrechnungszeitraum sind alle nach folgdem Schema aufgebaut:


    Strom fiktive Einspeisung Euro netto (0%) euro brutto (=netto)
    Strom echte Einspeisung Euro netto (0%) euro brutto (=netto)
    Strom Selbstverbrauch Euro netto (19%) euro brutto
    Entgelt Euro netto (19%) euro brutto (hierzu gibt es dann eine detaillierte Aufstellung)
    ---------------------------------------------------------------------------------------
    Gesamtbetrag



    Ich kann auch gerne bei Bedarf ein scan machen



    Viele grüße
    Georg

  • OK,


    es geht also nur um diese fiktive Hin- und Rücklieferung. Alles andere ist brutto=netto geblieben.


    Da muß ich erstmal passen. Ich selbst habe zur Umsatzsteuer optiert, hier ist zum vergleich jemand gefragt der die Kleinunternehmer Regelung anwendet.


    Sailor evt. oder "unser" Steuerberater?? Abwarten


    Grüße

  • Dank Dir! Hmm, dieser ganze Finanzkauderwelsch war mir schon immer ein Graus, aber wenn ich das hier richtig interpretiere, muss ich vermutlich zahlen:


    Hin- und Rücklieferung von Strom bleibt
    Viele BHKW-Betreiber speisen den nicht genutzten Strom gegen Vergütung in das Versorgungsnetz ein. Die Finanzverwaltung unterstellt für die Umsatzsteuer die Lieferung des gesamten erzeugten Stroms an den Netzbetreiber. Für den in Wirklichkeit selbst verbrauchten und physikalisch nicht eingespeisten Strom wird die zeitgleiche Rücklieferung des Netzbetreibers an den Betreiber angenommen. Diese Fiktion gilt nur für die Umsatzsteuer, nicht für die Einkommensteuer. Das BMF bestätigt die unveränderte Anwendung dieser Praxis nun auch für BHKW.


    Da stellt sich mir allerding die Frage:
    - Warum Rückwirkend, gerade bis 2009?
    - Was ist mit Vertrauensschutz? Die Investition wurde unter Zugrundelegung einer bestimmten Wirtschaftlichkeit getätigt.


    Ich kann doch hier nicht der einzige sein, der so eine Rechnung bekommen hat

  • Hallo @GeKaiser,

    dieses Abrechnungsschema ist jedenfalls korrekt. Das Prinzip der virtuellen Hin-und Rücklieferung gilt für BHKW's umsatzsteuerlich immer, und zwar solange der Strom nach § 4 Abs. 3a KWKG vergütet wird (d.h. so lange wie KWK-Zulage bezahlt wird). Das ist in dem BMFin-Schreiben vom 19.09.14 in Abschnitt IV so festgelegt (siehe eigenen Thread dazu hier im Forum, ich habe der Einfachheit halber das Schreiben hier noch einmal beigelegt).


    Die umsatzsteuerliche Kleinunternehmer-Regelung (KUR) hat nichts mit einer Gewerbeanmeldung zu tun. Sie gilt nach § 19 UStG grundsätzlich für alle Unternehmer mit Umsätzen unter 17.500 EUR: Will man sie nicht, so muss man ausdrücklich "zur USt optieren". Die KUR führt nur dazu, dass die USt auf die an sich USt-pflichtige Vergütung für den erzeugten (und virtuell komplett eingespeisten) Strom nicht erhoben wird, d.h. der Netzbetreiber muss an Dich als Kleinunternehmer keine USt bezahlen (und Du musst keine USt an das FA abführen). Die (fiktive) Rücklieferung ist dagegen genau so USt-pflichtig wie jede andere Lieferung, egal ob Strom, Gas, Heizöl oder Handwerkerleistungen.


    Die USt-pflichtige virtuelle Rücklieferung stellt in der Tat eine Benachteiligung der BHKW-Kleinunternehmer dar (das war auch mal hier Thema eines Threads), aber so ist es nun mal festgelegt. Anscheinend hat der Netzbetreiber bei Dir in der Vergangenheit für die fiktive Rücklieferung keine USt berechnet, deshalb jetzt die Nachzahlung. (Wahrscheinlich ist die Sache anlässlich einer Betriebsprüfung beim Netzbetreiber hochgekommen.)


    Überprüfen solltest Du, ob für das Jahr 2013, wo nach Deinen Angaben die Förderung "im Januar" ausgelaufen ist, die Regelung auch nur bis einschließlich Januar angewendet wurde. Eigentlich wäre hier eine Zwischenablesung fällig gewesen, denn nach Auslaufen der KWK-Förderung endet USt-rechtlich die fiktive Einspeisung und Rücklieferung: Ab da wird vom Netzbetreiber nur noch der tatsächlich eingespeiste Strom vergütet (nach KUR ohne USt). Eine USt-pflichtige fiktive Rücklieferung findet dann nicht mehr statt. Sollte hier für das ganze Jahr USt berechnet worden sein, solltest Du insoweit widersprechen, aber für die Zeit bis zum Auslaufen der KWK-Zulage ist die Abrechnung jedenfalls korrekt.


    Eine ganz andere Frage ist, für wie lange rückwirkend ein Lieferant eine fehlerhaft ausgestellte Rechnung korrigieren darf, bevor Verjährung eintritt. Das ist eine rein zivilrechtliche Frage, die mit dem Steuerrecht nichts zu tun hat. Dazu empfehle ich Dir, mal "Rechnungskorrektur Verjährung" zu googeln. Mit aller Vorsicht könnte man aus den hier hochkommenden Beiträgen schließen, dass für Rechnungskorrekturen grundsätzlich eine Verjährungsfrist von drei Jahren ab dem Datum der Leistung (nicht der Rechnung) gilt - es sei denn für Stromlieferungen wäre irgendwo etwas anderes festgelegt. Das Schreiben vom Bayernwerk kam nach Deinen Angaben im Januar 2015. Meiner Meinung nach waren zu dem Zeitpunkt jedenfalls die Forderungen aus den Jahren 2009 (seit 31.12.2012) sowie 2010 (seit 31.12.2013), und vermutlich auch aus 2011 (seit 31.12.2014) bereits verjährt.


    Dass Du die Sache jetzt anscheinend ein ganzes Jahr hast liegen lassen ist m.M. nicht gerade hilfreich, zumal ich nicht beurteilen kann, ob möglicherweise auch für Einreden dieser Art irgendwelche Fristen gelten.


    Jedenfalls hätte ich an Deiner Stelle im Januar 2015 folgendes unternommen:


    1) die Abrechnung 2013 prüfen und - falls sie falsch ist, siehe oben - unter Hinweis auf das BMFin-Schreiben beim Netzbetreiber widersprechen, ansonsten den nachberechneten Betrag bezahlen;


    2) die Rechnung für 2012 bezahlen;


    3) gegen die Rechnungen für 2009 bis 2011 die Einrede der Verjährung erheben (per Einschreiben).


    Ob das alles jetzt - ein Jahr später - noch hilft, kann ich nicht beurteilen. "Einfach nicht zahlen" ist bei solchen Sachen jedenfalls grundsätzlich die falsche Strategie.


    Caveat: Ich bin weder Rechtsanwalt noch Steuerberater und kann hier nur kundtun, was ich als Privatperson in einem solchen Fall tun würde bzw. getan hätte. Für Risiken und Nebenwirkungen meiner Ideen kann ich daher keinerlei Verantwortung übernehmen: "Dazu fragen Sie Ihren Steuerberater oder Rechtsanwalt".


    Gruß (und viel Glück),
    Sailor

  • Die Sache ist relativ einfach,


    Hast Du aus der ursprünglichen Anschaffung des Dachses dir die gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt erstatten lassen?
    Wenn ja, dann musst du für die Lieferung des Stromes USt. abführen, wenn nicht, dann bist du Kleinunternehmer und wirst wie eine Privatperson behandelt, das heist, das Finanzamt erstattet dir nicht die USt. aus der Anschaffung, dafür brauchst du für die Lieferung des Stromes auch keine USt. abführen.


    Viele Grüße


    Bernigo

  • nein Bernigo,


    lies Dir die Ausführungen von Sailor nochmal genau durch! Die USt. für fiktive Hin- und Rücklieferung ist anscheinend unabhängig von den "normalen" USt./MwSt./VSt. Regelungen zu betrachten.


    Grüße

  • Die USt. für fiktive Hin- und Rücklieferung ist anscheinend unabhängig von den "normalen" USt./MwSt./VSt. Regelungen zu betrachten.

    Die Materie ist nicht ganz unkompliziert, deswegen möchte ich noch einmal versuchen, das auch für hier mitlesende Dritte klarzustellen.


    Die Umsatzsteuerpflicht eines Unternehmers bedeutet zunächst mal, dass alle von diesem Unternehmer gelieferten Waren und Leistungen der Umsatzsteuer unterliegen. Will heißen: Der Lieferant (BHKW-Betreiber) stellt dem Kunden (Netzbetreiber) auf den gelieferten Strom die USt in Rechnung. Die selbst verbrauchte BHKW-Wärme wird quasi vom Lieferanten (BHKW-Betreiber) an den Kunden (Hausbewohner) geliefert ("unentgeltliche Wertabgabe") und unterliegt ebenfalls der USt. Die auf diese Weise tatsächlich oder rechnerisch eingenommene Umsatzsteuer muss dann vom Unternehmer (BHKW-Betreiber) - ggf. nach Abzug von bezahlter Vorsteuer (siehe unten) - an das Finanzamt abgeführt werden.


    Die KUR bedeutet nun nichts anderes, als dass auf Lieferungen eines Kleinunternehmers die USt nicht erhoben wird. Folge: Der Kunde (Netzbetreiber) muss für den an ihn gelieferten Strom keine USt an den Lieferanten (BHKW-Betreiber) bezahlen, und auf die selbst verbrauchte Wärme muss keine USt berechnet und abgeführt werden.


    Für die USt beim Bezug von Waren und Leistungen spielt die KUR dagegen überhaupt keine Rolle. Jeder Kunde (alle Unternehmen vom DAX-Konzern bis zum Kleinunternehmer, und jede Privatperson) bezahlt auf die von ihm bezogenen Waren und Leistungen Umsatzsteuer an seine Lieferanten. USt-pflichtige Unternehmer können die von ihrem Unternehmen bezahlte USt als "Vorsteuer" von der USt abziehen, die sie für ihre Lieferungen eingenommen haben, und müssen nur die Differenz an das FA abführen. Falls die Vorsteuer höher ist als die eingenommene USt, gibt es eine Erstattung. Nicht USt-pflichtige Personen (Kleinunternehmer und Privatpersonen) können dagegen grundsätzlich keine Vorsteuer geltend machen.


    Diese Regelungen gelten für alle Umsätze, grundsätzlich auch für Lieferung und Bezug von Strom. Das Problem entsteht nur dadurch, dass es bei BHKW-Strom eine "unentgeltliche Wertabgabe" (die für den Kleinunternehmer wie bei der Wärme USt-frei wäre) nicht gibt: Der gesamte BHKW-Strom gilt als an den Netzbetreiber geliefert. Damit ist er verkauft (mit - oder bei KUR ohne - USt) und steht für einen Eigenverbrauch nicht mehr zur Verfügung. Der tatsächlich selbst verbrauchte Strom wird, nachdem er für eine Millisekunde im Eigentum des Netzbetreibers stand, von diesem an den Kunden im Hause zurückgeliefert. Da der Netzbetreiber kein Kleinunternehmer ist, muss er dem Kunden für diese Lieferung USt in Rechnung stellen.


    Für diejenigen BHKW-Betreiber, die zur USt optiert haben, ist diese Regel sogar günstig: Normalerweise müsste der BHKW-Betreiber den selbst verbrauchten Strom umsatzsteuerlich als unentgeltliche Wertabgabe bewerten (z.B. zum Einkaufs-Marktwert, ca. 20 ct/kWh netto) und auf diese Summe USt ans Finanzamt abführen. Die USt auf die fiktive Rücklieferung wird dagegen vom Netzbetreiber nur auf den tatsächlichen Wert in Rechnung gestellt, also z.Zt. etwa 4 ct/kWh netto, und ist damit endgültig abgegolten. Sie taucht auch in der USt-Erklärung nicht mehr auf, da es sich nicht um Vorsteuer handelt (es sei denn, der Eigenverbrauch bzw. die virtuelle Rücklieferung würde gewerblich eingesetzt, z.B. in einem Hotel).


    Wer dabei in die Röhre guckt ist der BHKW-Kleinunternehmer: Der bezahlt zwar für seinen Eigenverbrauch wie alle anderen auch nur USt auf 4 ct/kWh, aber wenn er den selbst verbrauchten Strom als unentgeltliche Wertabgabe behandeln dürfte, müsste er eben gar keine USt darauf bezahlen.


    Ich hoffe, dass ich damit "alle Klarheiten restlos beseitigt" habe... :D


    Gruß, Sailor

    Viessmann Vitotwin 300-W (1 kWel, 6 kWth) seit 2012

    PV-Anlage 8,45 kWp (65 x Solarworld SW 130poly Ost/Süd/West, SMA 5000 TL und 3000) seit 2010

    Solarthermie Viessmann Vitosol 300 Vakuumröhren 13,8 qm (Vorgänger Flachkollektoren 14 qm 2004-2021, davor 8 qm 1979-2003)

    Einmal editiert, zuletzt von sailor773 () aus folgendem Grund: Rechtschreibfehler beseitigt

  • Moin GeKaiser,


    das Umsatzsteuerrecht hat nichts mit der KWK-Förderung (KWK-Zuschlag) des Netzbetreibers zu tun. Für die Steuer ist die Erzeugung als Gesamtlieferung entscheidend, als Kleinunternehmer erhältst Du auch keine Umsatzsteuer für den ins Netz eingespeisten Strom. Somit gehe ich davon aus das der Netzbetreiber von Dir eine Umsatzsteuernummer in seinen Stammdaten hat und daher die Forderung aufstellt. Auf Vereinsebene für "Mitglieder des BHKW-Forum e.V." kannst Du Dir eine Auskunft bei unserem Vereinsmitglied Steuerberater und Diplom-Finanzwirt Rüdiger Quermann,und steuerrechtlicher Beirat im BHKW-Forum e.V. einholen.
    Für PV-Anlagen gilt eine andere Steuerregelung als für KWK-Anlagen.



    Grüße aus Neuendorf

    Jeder Verein lebt vom Erfolg, dieser darf sich auch beim BHKW-Forum e.V. in einer steigenden Mitgliederzahl widerspiegeln! :)

  • Somit gehe ich davon aus das der Netzbetreiber von Dir eine Umsatzsteuernummer in seinen Stammdaten hat und daher die Forderung aufstellt.


    auch das nicht.


    Ich sags nochmal mit meinen Worten.


    Jede Person muß für Waren bzw. Leistungen die Umsatzsteuer bezahlen ! Für die "Rücklieferung" des Stromes fallen deshalb 19%MWSt. an die an den VNB bezahlt werden müssen. Punkt


    Grüße